Sonntag, 15. November 2015

Keine Gewissensentscheidung

Entgegen anderslautender Meldungen soll auch zukünftig die Frage, ob der Papst katholisch ist, nicht durch eine Gewissensentscheidung des einzelnen Gläubigen entschieden werden, wie Hochwürden Hunwicke, den nach eigenem Bekunden zuletzt häufiger einschlägige seelsorgerische Anfragen erreichten, heute erneut bestätigt.

Er erinnert vielmehr an zwei kanonische Wege, heretische Päpste abzusetzen, und da er sie anhand von mir unbekannten Namen erläutert, habe ich nachgegooglet. Schon vor einiger Zeit beschrieb der Remnant sehr ausführlich:
  • Ein heretischer Papst kann und muss (nach übereinstimmender Überzeugung weiser Theologen etlicher Jahrhunderte) abgesetzt werden.
    Beispielsweise beruft sich Franzikus Suarez, den Papst Pius V. einen Doctor Eximus et Pius nannte und der als einer der größten Theologen der SJ angesehen wird, auf Papst Clemens I. (der von Petrus selbst zum Nachfolger als römischer Gemeindevorsteher bestimmt wurde), welcher gesagt habe: „Der Heilige Petrus lehrte, dass ein heretischer Papst abgesetzt werden soll“, und erläutert, es sei für die Kirche äußerst schädlich, einen solchen Hirten zu haben und sich nicht gegen diese schwerwiegende Gefahr verteidigen zu können; auch gehe es gegen die Würde der Kirche, sich Untertan eines heretischen Papstes zu bleiben verpflichten zu müssen ohne die Möglichkeit ihn hinauszuwerfen; zumal sich Heresie wie ein Krebsgeschwür ausbreite und soweit möglich gemieden werden müsse – und wie solle eine solche Gefahr vermieden werden, wenn er [der heretische Papst] nicht aufhöre, Hirte zu sein?!
    [Es folgen Zitate von Cardinal Thomas Cajetan [nicht dem Heiligen Cajetan, wie HH. Hunwicke schreibt], dass ein Papst, der vom Glauben abweicht, abgesetzt werden muss, und von John of St. Thomas, der jedes Mittel, sei es auch juristisch ein Verbrechen, für angemessen hält, die Kirche von einem heretischen Papst zu trennen.]
  • Nur ein allgemeines Konzil sei berechtigt, einen heretischen Papst abzusetzen.
    Es werden drei Beispiele aus der Geschichte (Papst Marcellinus, der Götzen opferte; das Konzil von Konstanz, das drei Papstamtsbeansprucher absetzte; Papst Symmachus, der sich wegen der ihm vorgehaltenen Vergehen vor einem Konzil verantworten musste) genannt.
  • Es werden vollkommenes (Bischöfe cum et sub petro) und unvollkommenes Konzil (das ohne oder gegen des Willen des Papstes einberufen wird) unterschieden, wobei nur das erste Lehren und Dekrete für die Gesamtkirche beschließen kann, während das zweite nur die Angelegenheit, für die es einberufen wurde, entscheidet.
    Das Konzil von Konstanz ist ein Beispiel für die zweite Art, weil während des abendländischen Schimas nicht klar war, wer von den drei Päpsten der richtige war.
  • Hinsichtlich der Frage, wie ein Papst, der keiner weltlichen Autorität unterliegt, abgesetzt werden können, betrachtet Kardinal Cajetan vier Möglichkeiten, von denen er dann drei verwirft.
    1. Ein heretischer Papst verliert sein Amt ipso facto, ohne dass es eines menschlichen Richterspruchs bedürfe.
    2. Der Papst hat einen irdischen Oberen, der ihn aburteilen und absetzen kann.
    3. Der Papst hat keinen Oberen, außer wenn er der Heresie verfällt, in welchem Fall die Kirche dieser Obere wäre.
    4. Der Papst hat zwar keinen Oberen, aber im Heresiefalle hat die Kirche die Amtsgewalt hinsichtlich der Papstabsetzung. Die Kirche setzt also den Papst nicht ab, sondern führt nur ihre Dienstfunktion aus, die zur Absetzung führt, d.h. stellt fest, dass der Papst tatsächlich heretisch ist, gefolgt von einer öffentlichen Feststellungserklärung des Verbrechens.
    [Die Verfahrensdetails werden sehr ausführlich dargestellt, wobei auch nicht vergessen wird, dass ein Amtsträger verwarnt werden muss, bevor er sein Amt wegen Heresie verliert, was zur Frage, wer den Papst verwarnen könnte, führt. Der italienische Theologe Pietri Ballerini (18. Jhd.) meint, es könnte neben den Kardinälen, dem römischen Klerus oder einer Synode auch Jedermann sein, wobei er sich auf Tit 3,10 („Wenn du einen Sektierer einmal und ein zweites Mal ermahnt hast, so meide ihn.“) beruft. Öffnet sich hier etwa doch eine Hintertür für die Gewissensfreiheit des Einzelnen?]
Wonach mir nur den detailliert Interessierten auf die verlinkte Webseite einzuladen und ansonsten beruhigt festzustellen bleibt, dass für den Fall der Fälle schonmal alles gründlich bedacht wurde.

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