Samstag, 29. November 2014

Himmel aufreißen

Im Anschluss an das alte Adventlied
O Heiland, reiß die Himmel auf,
Herab, herab, vom Himmel lauf!
Reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
Reiß ab, wo Schloss und Riegel für!
hatte ich von Kindesbeinen an gedacht, der Himmel sei hier eine Barriere zwischen Gott und den Menschen, etwas, das den Heiland am im Tau Herabfließen hindere, und Weihnachten „schließt [Gott] auf sein Himmelreich und schenkt uns seinen Sohn“, und damit „schließt er [auch für uns] wieder auf die Tür zum schönen Paradeis“.

Hier irrte ich womöglich.
Das Verb qara’ wird wohl allermeistens für das Zerreißen der Kleidung bei Trauer und Reue gebraucht.

So passt das „Zerreiß den Himmel“ in Jes 63,19b ziemlich genau zum Vorwurf, Gott habe uns abirren lassen von seinen Wegen und unsere Herzen verhärtet von seiner Furcht, und die Bitte, Gott möge umkehren - wenn man voraussetzt, dass der Himmel Gottes Gewand ist. Gott wird als „unser Freikäufer“ angesprochen und an seine Verantwortung erinnert.

Ich bin zwar durch meine Schuld ins Unglück geraten, aber meine Gerechtigkeit (das schmutzige Kleid) reicht nicht aus, mich zu retten. Mir bleibt nur zu hoffen, dass Gott mir entgegenkommt und mich erlöst. Und wie weit will er mir entgegenkommen! Bis in die Niederung meiner Menschlichkeit ...

Mittwoch, 26. November 2014

Euthanasie für Arme in Litauen



„Euthanasie könnte eine gute Wahl für Arme sein, die sich aus Geldmangel keine medizische Hilfe leisten könnten“, soll die neue Gesundheitsministerin in Litauen, Rimante Šalaševičiūtė, die seit ihrer Einführung im Juni für die Legalisierung der Euthanasie streitet, gesagt haben weil ja Litauen kein Wohlfahrtsstaat sei und daher Palliativpflege nicht für alle verfügbar sei. Weiterer Vorteil: „Sie belästigen ihre Angehörigen dann nicht mit dem Schauspiel ihres Leidens“.


Möglicherweise könnte man den Kreis des Selbst in „selbstbestimmtes Sterben“ für die Armen noch geeignet definieren, etwa „wer für den Lebensunterhalt aufkommt“, um den Angehörigen auch den Anblick eines leeren Kontos zu ersparen oder die Entscheidung für den Freitod dem Sozialamt zu überlassen, dann wäre Euthanasie nicht nur eine Lösung für den Krankheitsfall. 

Es ist jedenfalls schon sehr seltsam, wenn das, was als Argument gegen Euthanasie taugt (Arme könnten sich gezwungen sehen, in die Tötung einzuwilligen, weil sie aus Geldmangel keine Schmerzmittel erhalten können), von Befürwortern gerade als Vorteil gesehen wird.

Dienstag, 25. November 2014

Männerquote für Kirchenvorstand

Zur aktuellen Quotendiskussion für Aufsichtsräte einen nicht-satirischen Beitrag zu leisten sehe ich mich außer Stande und beachsichtigte daher das philosophus-manere-Schweigen zu bewahren, zumal ich gerne ins Lächerliche gezogenen Standpunkten (wie z.B.
Man kann "Frauen nicht die gleiche Arbeit wie Männer machen lassen, wie es in der Vergangenheit unter kommunistischen Regimes geschehen ist. Gib ihr eine Schaufel und lass sie arbeiten? So etwas geht nicht. Das widerspricht ihrer zierlichen Statur", sagte der türkische Präsident. Wenn eine Frau stille, könne sie auch nicht die gleiche Arbeit leisten wie ein Mann, der nicht eine solche Verpflichtung zu erfüllen habe.
mehr abgewinnen kann als der Gegenposition
#kadinerkekesittir (Frauen und Männer sind gleich)
Frauen können gebären, Männer zeugen, was zwar gleichwertig ist (wie auch der Zusammenfall beider in die eine Vokabel gignere unserer Muttersprache zeigt) und die Beteiligten gleichberechtigt macht, aber eben doch einen erheblich unterschiedlichen Aufwand mit sich bringt, der eine Verschiedenheit der Aufgaben nahelegt, die eine Subsumption unter „gleich“ zumindest zweifelhaft macht.

Anlass des Schweigensbruchs ist aber eine mir bislang unbekannt gebliebene gesetzliche Regelung, über die ich zufällig stolperte. In § 5(2) des (Preußischen) Gesetzes über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens (das in NRW nach wie vor gilt) heißt es
Die bischöfliche Behörde kann bestimmen, daß wenigstens die Hälfte der Gewählten Männer sein müssen.
Ob eine der betroffenen bischöflichen Behörden von diesem Recht Gebrauch gemacht hat, ist mir nicht bekannt. Mich wunderte nur, dass die Quotierung nach Geschlechtern so alte Wurzeln hat.

Sonntag, 23. November 2014

Sozialbetriebsamkeit in Passau

Manche Gedanken scheinen sehr naheliegend zu sein, denn auch Bischof Oster setzt sich in seinem ersten Hirtenbrief mit den „Rändern“, in diesem Fall den Extremen falsch verstandener Glaubenspraxis auseinander:
Wie viele unserer Frömmigkeitsübungen sind manchmal nur Leerformeln und Selbstbespiegelung? Und wie viele unserer Aktionen in der Praxis sind oft nur Aufrechterhaltung des Betriebs, die auch der Selbstbestätigung dient?
und zwar im Kontext der Sozialbetriebsamkeit und des heutigen Evangeliums:
Jesus sagt uns mit dieser Erzählung im Grunde: Nur wenn wir Ihn kennen gelernt haben, in seiner Liebe zu uns und den Menschen, nur wenn wir Ihn im Herzen haben, nur wenn wir in einer persönlichen Beziehung zu Ihm leben, nur dann werden wir in die Lage versetzt, wirkliche Nächstenliebe zu praktizieren, eine Liebe, die den Anderen in seiner Not sieht und es auch ehrlich meint; eine Liebe, die im anderen Menschen Jesus erkennt, weil sie Ihn vorher schon kennen gelernt hat. Dieses Evangelium darf uns auch anspornen, nach unseren Möglichkeiten zu suchen, wie wir den Asylbewerbern und den Menschen auf der Flucht in unserem Land am besten beistehen können. Ich freue mich über mutige und beherzte Zeugnisse solchen Glaubens.
Und er sagt in einem Satz, worauf es ankommt:
Ein Leben in der Gegenwart des Herrn, der mich beständig verwandeln will in sein Ebenbild
Er schreibt auch so viel anderes, was sich zu lesen lohnt und einen wünschen lässt, man hätte selbst einen solchen Bischof …

Samstag, 22. November 2014

Ceterum censeo

Das jüngste Verfassungsgerichturteil, das kirchlichen Arbeitgebern bei der Festlegung der Loyalitätsverpflichtungen freie Hand lässt, scheint ein Pyrrhussieg zu werden, da die DBK wohl am Montag die lang angekündigte, mittlerweile auch international aufsehnerregende Änderung der Grundordnung, die eine Kündigung aus Gründen, die im Privatleben des Arbeitsnehmer liegen, nur noch vorsehen, "wenn diese nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und dadurch die Glaubwürdigkeit des kirchlichen Dienstes zu beeinträchtigen".

Ist ja auch dringend notwendig, weil die Kirche nach einem Bericht der Zeit als Arbeitgeber so unattraktiv ist, dass sie nehmen muss, wen sie kriegen kann. Denn:
"Die Kirche hat ein wachsendes Imageproblem", erklärt Nicolas Grießmeier von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). "Ich kenne viele Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die nicht bereit sind, für die Kirche zu arbeiten."
oder
Auch Personalexperte Jörg Schleburg rät den Kirchen zu mehr Zurückhaltung: "So intime Punkte wie Sexualität und Partnerschaft haben in Verbindung mit dem Arbeitgeber nichts zu suchen." Gerade jüngere, hoch qualifizierte Arbeitskräfte legten Wert darauf, nach Feierabend tun und lassen zu können, was sie wollen.
und
Mit dem Imageproblem sieht sich auch Pollok konfrontiert: "Junge Leute, die sich für einen Beruf bei der Kirche interessieren, ernten im Freundeskreis viel Irritation und Nachfrage."
Deshalb wird beobachtet:
In etlichen Stellenanzeigen setzen die Kirchen voraus, dass die Bewerber einen Taufschein vorlegen können. … Zum Teil rücken kirchliche Arbeitgeber sogar von ihren Forderungen ab, wenn sie nicht mehr genug Leute finden.
Das stimmt nur im zweiten Teil, denn die Einstellung Ungetaufter oder Andersgläubiger ist inzwischen die offizielle Linie.

Eine Zwischenbilanz der Zeit:
Neben dem Priestermangel kommt nun auch bei den Laien ein Fachkräftemangel auf die Kirchen zu.
Ist aber auch klar: wenn wer überhaupt getauft ist schon quasi als Laienpriester der Liturgie vorstehen kann, bleiben natürlich für die karitativen Aufgaben nur Externe übrig.

Weshalb ich aber überhaupt davon angefangen habe: 
Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Erde für euch bestimmt ist.
Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen;
ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank, und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis, und ihr seid zu mir gekommen.
Leider steht da nicht: „Wer andere bezahlt, karitative Aufgaben zu übernehmen“, weshalb die Kirchensteuerzahlerseele möglicherweise nicht automatisch in den Himmel spring. Und ich fürchte fast, dass auch diejenigen, die im Rahmen der ihnen gegen Entgelt übertragenen Dienstaufgaben Getränke ausgeben, nicht unmittelbar profitieren. Seelen gerettet werden durch die getösigsten Aktionen der Kirche gerade eher nicht soviele.

Nichts Neues eigentlich – bleibt also auch das Fazit, dass sich die Kirche m.E. am besten in ihrem Kerngeschäft stärker aufstellte, ihre Gläubigen der Liebe Gottes zu öffnen, damit jene durch gute Werke der Einzelnen in die Welt überfließe, statt ihre Gotteshäuser zu vermieten und Duschen zu installieren. Aber was weiß ich schon.

Freitag, 21. November 2014

Vom Menschen ausgehen

Gerade stolpere ich über das EG-Zitat „Die Wirklichkeit ist wichtiger als die Idee“.
Im Lichte des Bemühens, nicht mehr „den (anscheinend als ein wohldefiniertes Ziel verstandenen, einheitlichen) Menschen“ mit einem unerreichbar gedachten Ideal zu konfrontieren, sondern „Umkehr“ als Anpassung der Lehre an die Lebenswirklichkeit „des Menschen“ aufzufassen, sollte man vielleicht an die Wurzel gehen und die Zehn Gebote in den Blick nehmen.

1. Du sollst nicht mehr Götter haben, als du brauchst.
Ausgangspunkt kann die von Brecht in seinen "Geschichten vom Herrn Keuner" gestellt Gegenfrage „Ändert sich dein Verhalten je nach der Antwort auf die Frage nach der Existenz Gottes? – Wenn ja, brauchst du einen Gott.“ sein.
Im Zeitalter des Genderwahns sind wir aber über den binären Ja/Nein-Entscheidungszwang hinaus. Manche haben vielleicht das Bedürfnis nach speziellen Zweckgöttern, oder ihrem privaten Hausgott, der nicht zur Identifikation mit dem Bekenntnis irgendeines Papstes geeignet ist. Sollte man nicht auch diese Menschen willkommen heißen? Hier bietet sich auch der Weg zur Versöhnung mit den verschiedenen Antitrinitariern. Drei Götter, ein Gott in drei Gestalten, ein Gott mit Adoptivsohn – alle werden akzeptiert.
2. Du sollst den Namen deines Gottes nicht öffentlich aussprechen.
Religion ist Privatsache, und wenn eh jeder seine persönliche Göttersammlung verehrt, vermeiden wir am ehesten theologische Streitigkeiten, wenn jeder zu hause tut, was er nicht lassen kann.
3. Du sollst deine Freizeit genießen.
Jeder hat des Tages Müh' und Last die ganze Woche zu tragen, da muss man doch wenigstens am Wochenende mal ausschlafen dürfen, schließlich tun das selbst Gott gelegentlich. Und freie Zeit heißt doch eben, dass man nicht durch Regeln und Gebote gebunden ist. Beten könnte ich auch im Wald und in der Kneipe (wenn ich das Bedürfnis hätte).
4. Akzeptiere deine jeweiligen Elter I und Elter II.
Das erfordert zwar heutzutage ziemliche Flexibilität, wenn manche Patchworkfamilien ihre Zusammensetzung schneller ändern, als sich alle Beteiligten persönlich vorstellen können, aber das Leben ist kein Ponyhof, und wenn wir realistischer Anforderungen aneinander stellen, wirst du doch wohl solange mit deinen neuen Eltern zurechtkommen, bis sie ersetzt werden.
5. Du sollst nur unwertes Leben töten.
Unwert sind (nicht abschließende, nur beispielhafte Aufzählung, beliebig zu ergänzen)
a) Ungeborene, insbesondere
i) wenn ein Arzt die Abtreibung empfiehlt
ii) wenn sie nicht in die Lebensplanung der Körperbesitzerin passen
iii) wenn sie das falsche Geschlecht haben
b) Behinderte
(insbesondere Frischgeborene, denn warum soll man die Kosten und Strapazen für pränatale Diagnostik, die auch mit Unsicherheiten behaftet ist, auf sich nehmen, wenn man Untersuchung und Tötung viel einfacher nach der Geburt vornehmen kann?!)
c) Alte
d) Kranke
e) Flüchtlinge
Warum sollte man auch Flüchtlinge erst ins Land lassen und dann kostenintensiv zurückführen, wenn man sie viel besser auf das Meer zurücktreiben und da ertrinken lassen kann?
f) Ungläubige
Derzeit in Syrien/Irak systematisch, mit wachsendem Eifer in Israel/Palästina, früher mit großem Erfolg in anderen Teilen der Welt auch ohne religiösen Hintergrund an Personen mit fehlender ideologischer Reife durchgeführt. Stärkt den Volkszusammenhalt.
g) Arbeitslose
Herodot erzählt in seinen Geschichten von einem Volk im Osten, das die Todesstrafe auf Arbeitslosigkeit praktizierte: wer sich ein Jahr lang nicht selbst unterhalten konnte, hatte die Strafe verwirkt. Effektiver kann Armut kaum bekämpft werden.
h) Überzählige
Warum erst warten, bis jemand da ist? Massensterilisationen in Indien und (nach nicht verstummenden Gerüchten beigemengte,) zu Fehlgeburten führende Zusätze in UN-Impfungen vermeiden die Notwendigkeit, unwertes Leben aktiv zu beseitigen.
6. – gestrichen –
Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen sollte nach Möglichkeit nur einvernehmlich durchgeführt werden, ansonsten bestehen keine Bedenken. Das Gute im Quickie mit einer überschaubaren Anzahl Beteiligter sollte unabhängig von deren Geschlechtern wertgeschätzt werden.
7. Du sollst kein Privateigentum besitzen.
Besitz ist Raub an den Armen, Null ist ein guter Kontostand und wenn keiner was hat, sind alle gleich. Gilt aber nur für den jeweils anderen.
8. Du sollst keine Wahrheit kennen.
Wahrheit ist ein Konstrukt weißer alter heterosexueller Männer zur Unterdrückung aller anderen. Meinung rulez. (Also Meinung, nicht Deinung; wenn also jemand meine Meinung nicht teilt, tritt Gebot 5 in Aktion.)
9.-10. Du sollst nicht begehren.
Nimm dir, was du brauchst. Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.

Donnerstag, 20. November 2014

Theologenkommissionmitgliedsthesen

Karl-Heinz Menke, Mitglied der Internationalen Theologenkommission, Dogmatikprofessor und Priester verkündet im Domradio „interessante“ Thesen:

Prioritäten:
Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion sei sicher nicht das wichtigste Thema, denn in den Gemeinden gebe es nur wenige wiederverheiratete Geschiedene, die mit der Kirche leben wollten.

Hm, das ist ja überraschend. Da haben die Bischöfe sich im Oktober ganz umsonst die Köpfe heißgeredet?!
Note statt Weihe:
In machen Diözesen gebe es unter den Seelsorgern genau so viele Pfarrer wie Laien. Aber selbst wenn ein Pastoralreferent einen besseren Studienabschluss habe als der Pfarrer, dürfe nicht predigen. Dies sei zu ändern.

Und überhaupt sollte der Feuerwehrmann taufen, und der Bäcker die Einsetzungsworte sprechen und der Schwerhörigste die Beichte hören, weil die einen sich einschlägig auskennen (Wasser, Brot) und der andere bestimmt barmherzig die Absolution erteilt. Weihe ist eh Circus

Auseinanderklaffen: Jugendliche versprächen dem Bischof bei der Firmung, Vorbild im Glauben sein zu wollen, gingen aber sonntags nicht zur Messe. "Die offizielle Doktrin und die Wirklichkeit klaffen da weit auseinander." Dies sei auf die Dauer nicht tragbar.

Es erhellt aus diesen Ausführungen nicht unmittelbar, wie sich der Gelehrte eine Lösung vorstellt – aus dem Zusammenhang fürchte ich aber entnehmen zu müssen, dass er nicht der Ansicht ist, eine größere Treue der Jugendlichen zu ihrem Versprechen anmahnen zu müssen. Also flugs fort mit dem Sonntagsgebot, um die Kluft zu überwinden.
Atteste:
Die Kirche sollte darüber nachdenken, wie viel sichtbare Übereinstimmung mit dem Ideal sie vom einzelnen Gläubigen verlangt, um ihm eine volle oder eventuell auch gestufte Zugehörigkeit zu attestieren. "Wer sich nicht vollständig oder noch nicht vollständig mit dem Bekenntnis des Ortsbischofs und des Papstes identifizieren kann, ist genauso zu achten."

Genau, immer diese privaten Bekenntnisse eines Ortsbischofs, die den armen Laien die Identifikation schwer machen. Soll sich mal nicht so haben, der Papst, wegen der ein oder anderen Häresie – auch der Ketzer sollte in seiner gestuften Zugehörigkeit geachtet werden.

Es ist zwar zuzugestehen, dass der Artikel von der KNA stammt und damit nicht sichergestellt ist, ob die einzelnen Passagen etwas mit der Ansicht des Professors zu tun haben. Abgesehen davon klingen sie so naiv, als ob er „den Pfarrer [den der Laie] intellektuell in den Schatten stelle“, morgens im Spiegel sehen könnte.

Vielleicht wäre der Papst besser beraten, wenn er seinen Input statt aus Theologenbeiträgen lieber von Glückkekszetteln bezöge.

Mittwoch, 19. November 2014

Antwort aus Lansing

Auf die Frage „Warum sollte irgendwer katholischer Priester werden wollen?“ gibt ein CNN-Video, das alle hiesigen Berufungsmanager blass vor Bewunderung werden zu lassen geeignet und jede seiner 42 min der Betrachtung wert ist, zwar keine neue Antwort (Weil Gott einen ruft und die Menschen die Unterstützung, die nur ein Priester geben kann, brauchen), dies aber in einer so – wohltuenden, ermutigenden Weise, dass ich jedem, der sich irgendwie in der Lage sieht, dem amerikanischen Englisch zu folgen, das Anschauen nur wärmstens empfehlen kann. Mir jedenfalls hat es mindestens die Woche gerettet.

Quasi nebenbei lernt man, dass es in Michigan eine Diözese Lansing gibt, in der zwar kaum Katholiken leben (gut 200.000, ein Achtel der Bevölkerung), die aber dann meistens ihrer Berufung folgen. (Portraitiert wird besonders eine Familie, aus der ein Zwillingsbruderpaar kürzlich geweiht wurde und ein jüngerer Bruder im Seminar ist, aus deren 2000-Seelen-Gemeinde über 20 Priester hervorgegangen sind.)

Diese Diözese hat auch eine Art Zukunftsbild, in dem die Dinge aber „richtig rum“ angepackt werden, nämlich von innen nach außen:
As a result of prayer, of discerning God’s will, and of a great deal of input, we have decided to hold three diocesan assemblies in the fall of 2014, 2016, and 2018, dealing respectively with Building up the Household of Faith, Reaching out to the Lost Sheep, and Engaging in the Courtyard of the Gentiles.

To advance the Gospel, we must first grow up into Christ. We must help our practicing Catholics to use the grace they have received from God and offer to God a resounding, “Yes!” Then we must train them to employ the gifts with which God has equipped them, to build up Christ’s body here in each of our parishes and institutions. Then our parishes will be better able to receive the Lost Sheep and welcome those who wish to know Christ.
Als Ergebnis des Gebets, der Unterscheidung von Gottes Willen und tüchtiger Zuarbeit, haben wir uns entschieden, drei Diözesanversammlungen im Herbst 2014, 2016 und 2018 abzuhalten, die sich mit ‚Das Haus des Glaubens aufbauen’, ‚Ausgreifen nach dem verlorenen Schaf’ und ‚Wirken im Vorhof der Völker’ befassen.

Um das Evangelium zu verbreiten, müssen wir selbst erst in Christus hineinwachsen. Wir müssen unseren praktizierenden Katholiken helfen, die Gnade, die sie von Gott empfangen haben, zu nutzen und Gott ein schallendes „Ja!“ anzubieten. Dann müssen wir sie schulen, ihre Gaben, mit denen Gott sie ausgerüstet hat, zu gebrauchen, um Christi Leib hier in jeder unserer Pfarreien und Einrichtungen aufzubauen. Dann werden unsere Pfarreien besser fähig sein, das Verlorene Schaf zu empfangen und solche, die Christus kennen lernen möchten, willkommen zu heißen.
Das genau fehlt mir bei dem gegenwärtigen „zu den Rändern gehen“, dass zwar einerseits vorausgesetzt wird, jeder Katholik sei ein Ausbund der Heiligkeit, dem nur der Fingerzeig zum Rand fehlt, um jeden Fernen zu Christus zu führen, andererseits aber in jeder zweiten Papstpredigt der tote Schein-Christ, der sich in seiner Klerikalität einigelt, gegeißelt wird. Wenn das erste zuträfe, bräuchten wir uns um die Mission keine Sorgen zu machen, und wenn das zweite, wäre doch das Dringenste, erstmal vor der eigenen Haustür zu kehren, um dem Herrn den Weg in mein Herz zu ebnen. – Gerade das scheint man in Lansing (mit gutem Erfolg bei der Berufungspastoral) anzugehen. Glückwunsch den Dortigen zu ihrem Bischof.

Montag, 17. November 2014

Gerechtigkeit unserer Zeit

Wo hat er das nur her?, fragt man sich gelegentlich, wenn man die Gedanken zeitgenössischer Prälaten über das Primat der Barmherzigkeit über die Wahrheit hört, und über eine mögliche Quelle bin ich eben gestolpert:
"Gerechtigkeit und Liebe" ohne Unterschied des Glaubens (wie in der Erzählung vom barmherzigen Samariter) sei der Kern des Christentums; deshalb müsse alles mit diesem Maß gemessen werden, in erster Linie die Lehre selbst, bis jedes Körnlein, das sich nicht daran messen ließe, vor der Offenbarungsmacht der Gerechtigkeit unserer Zeit fallen müsse als eine Gotteslehre ferner und harter Zeiten.

[Bjørnstjerne Bjørnson, Paa Guds Veje, 1889 (dt. Auf Gottes Wegen, 1903)]

Upps, wenn ich das geoffenbarte Wort Gottes an der „Offenbarungsmacht“ meiner Selbstgerechtigkeit zu messen anfinge – schweigen wir davon …

So gern ich die idyllischen Erzählungen des Herrn Bjørnson sonst lese – mit der in obiger Erkenntnis gipfelnden „Bekehrung“ eines protestantischen Pastors durch seinen atheistischen Schwager (der sich übrigens durch soziale Werke aller Sorten vorher der Sympathie des Lesers empfiehlt) konnte er meine Begeisterung für sein Werk nicht wirklich steigern.

Sonntag, 16. November 2014

Was tun wir hier eigentlich?

Der wegen Krebs im Endstadium als Erzbischof von Chicago zurückgetretene Kardinal Francis George hätte ein paar Fragen an den Papst:
  • Merkt der Papst eigentlich, was er mit seinen hingeworfenen und von interessierter Seite missbrauchten Phrasen (wie das auf die Frage nach einem Vatikankleriker, der früher homosexuelle Beziehungen unterhalten halten, zum Zeitpunkt der Frage aber bereits bereut und Absolution erhalten hatte, geäußerte „Wer bin ich zu urteilen“, zu dem George anmerkte, es sei etwas deutlich anderes, Akzeptanz zu fordern als um Vergebung zu bitten), an Verwirrung und Zweifeln anrichtet? Vermutlich, überlegt der Kardinal, eher nicht, denn es gibt keine Klarstellungen und des Papstes Verteidiger müssten sich nach Kräften Mühe, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
    Merkt er ferner, was er für unerfüllbare Erwartungen weckt, die nicht nur zu Enttäuschungen, sondern zu Widerstand, der des Papstes Wirksamkeit beeinträchtigen, führen müssen?
  • Wer steckt dahinter? Offensichtlich unterliege der Papst Einflüsterungen, aber von welcher Seite? Manches wird er sich zwar selbst zusammengeklaubt haben, aber welche Ratgeber formen wirklich sein Denken?
  • Welchen Einfluss hat eigentlich die Rede vom Teufel und von der Endzeit, die so oft von des Papstes Lippen fließt, auf seine Tagesordnung? Wie soll des Papstes Tun interpretiert werden, wenn er wirklich an das Endgericht glaubt - außer dass offensichtlich manches mit heißer Nadel gestrickt ist, welche Hast sich am einfachsten erklärte, wenn das Weltende nahe bevorstünde.
  • Als Bischof würde George ja gerne in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri regieren, daher beunruhigt ihn ein bisschen, dass er gerade gar nicht versteht, was wir hier eigentlich treiben.
Wie der Crux-Autor John L. Allen würde ich gerne echtes Geld bezahlen, um bei dem Gespräch Mäuschen spielen zu dürfen.

US-Katholik seziert

Die Ergebnisse einer Kundenbefragung („Katholiken in der Kirchbank“) wurden auf der Herbstvollversammlung der US-Bischöfe bekanntgegeben:

Es ließen sich verschiedene Zielgruppen mit besonderen Ansprüchen differenzieren:
  • Das engagierte Gemeindemitglied, sehr aktiv im Pfarrleben, stolz auf den Glauben und der Gemeinschaft (i.S.v. Geselligkeit) sehr verbunden, ignoriert Gebote, die es nicht versteht, beschwert sich über politische Aktivitäten der Kirche [in Amerika sind aktuelle Schwerpunktthemen Eintreten für das Leben (Pro-Life) und Religionsfreiheit (d.h. die Folgen von Obamacare)] und vermeidet Themen, die es als „verurteilend“ wahrnimmt.
  • Der leidenschaftliche Katholik, häufiger Messteilnehmer, der Evangelisierung verpflichtet, treu der kirchlichen Lehre, sieht die Realpräsenz in der Eucharistie als das Wichtigste an – er neigt dazu, die katholische Glaubenslehre als schön und befreiend anzusehen und nicht als einschränkende Regeln. Diese Gruppe kämpft aber mit der eigenen Frustration, weil es an Unterstützung in der Pfarrei fehlt, weil Prister beim Lehren und Inspirieren versagen, und weil Aktionismus stärker betont wird als der Glaube.
  • Gemeindemitglieder mit lateinamerikansichen Mitgrationshintergrund (Hispanics) sind auf die Familie konzentriert, beten selber und brauchen die Kirche eigentlich nicht, stören sich außerdem an der mangelnden Aufarbeitung des Missbrauchskandals.
  • Das Jungvolk besteht darauf, Teil der Kirche zu sein, hat aber mit der Lehre nichts am Hut. Die anderen Gruppen mögen vielleicht mit dem Verständnis komischer Regeln Schwierigkeiten haben; das Jungvolk vereinfacht alles zu „nett zu jedem sein“. Wenn die Lehre nicht zur eigenen Ansicht passt, wird die Lehre einfach ausgeblendet. Außerdem sind sie sehr empfindlich, wenn sie etwas als „verurteilend“ empfinden; für sie bedeutet beispielsweise „hasse die Sünde, liebe den Sünder“ das Gleiche wie „hasse den Sünder“.
Drei der vier Gruppen scheinen nicht sonderlich US-spezifisch zu sein; die kenne ich hier auch. Mich selbst einzuordnen bereitet mir auch keine Schwierigkeiten, insbesondere den Punkt mit der Frustration kann ich gut nachvollziehen.
Frage mich nur, ob man einen Migrationshintergrund braucht, um eine auswegähnliche Lösung zu praktizieren.

Jesus Xenodokos?

Woelki:
[Jesus] sei nicht in einer Welt geblieben, die uns verschlossen sei, sondern ist hinabgestiegen "um Not zu lindern, Tränen zu trocknen und Wunden zu heilen."
KKK 457:
Das Wort ist Fleisch geworden, um uns mit Gott zu versöhnen und uns so zu retten: Gott hat ,,uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt" (1 Joh 4,10). Wir wissen, daß ,,der Vater den Sohn gesandt hat als den Retter der Welt" (1 Joh 4,14), ,,daß er erschienen ist, um die Sünde wegzunehmen" (1 Joh 3,5).
Es ist natürlich möglich, dass der Kölner Erzbischof die Not der gefallenen Sünder, die Jesus durch seine Einladung zur Umkehr lindert, die Tränen der Reue, die durch die Vergebung getrocknet, und die Wunden „unserer kranken Natur“ (wie Gregor v. Nyssa in KKK 457 im Weiteren zitiert wird), die durch Buße geheilt werden, meint.

Da er als Beispiele aber den Einsatz für „Freiheit und Wohlergehen“, das „Engagement für Flüchtlinge“ und Wirken für „ein politisches Klima der Aufnahmebereitschaft“ nennt, scheint er Jesus eher als Erzsozialarbeiter und Proto-Xenodokos oder Archiatros zu verehren.

Ich kann mir nicht abhelfen zu bemerken, dass der Fokus eeeeetwas verschoben ist.

Sonntag, 9. November 2014

Es gibt kein Entkommen

In der Hoffnung, den „katechetisch missbrauchten“ Gottesdiensten vor Ort zu entkommen, gab es für mich heute das vom Domradio übertragene Pontifikalamt zur Eröffnung der Diaspora-Aktion des Bonifatiuswerkes aus der Dresdener Hofkirche.

Neben der gepredigten Erkenntnis, dass den Heiden, die in der Diaspora den Großteil der Bevölkerung ausmachen, Gott nicht gebracht zu werden braucht, dass wir viel mehr von den Heiden lernen sollten und dass (man höre und staune) auch Körperbehinderte Firmpaten werden können, gab es als Highlights:

- Kyrie-Tanzakrobatik:
Kinder in Clownskostümen und entsprechend geschminkten Gesichtern tanzten Reigen, wedelten mit bunten Tüchtern und balanzierten auf einem Gymnastikball, während ein junger Mann in Räuberzivil das Kyrie vorbetete.

- Basteleien-Prozession zur Gabenbereitung
Menschen in verschiedenen Kostümen und Trachten brachten Jonglagebedarf, Eier und Dinge, die sie selbst gebastelt hatten, deren Bedeutung sich dem Außenstehenden aber nicht erhellte, weil das zur Übertragung der Erläuterungen verwendete Mikrophon nicht gut funktionierte, die auf und an den Altar gelegt wurden. Brot und Wein habe ich nicht gesehen – die müssen anderweitig angekommen sein.

- Fürbitten und Teile des (erstaunlich kurzen) Hochgebets in Norwegisch, Estisch(?) und Sorbisch(?)
Dies ist eigentlich unterkritisch, weil Gott schon weiß, wie es gemeint ist, und auch bei lateinischem Gebet nicht jeder Gläubige versteht, wozu er Amen sagt.

- Anwendung von Mt 6,3 auf die Kommunionspendung – der Bischof drückt dem Diakon die Hostie in die Hand und wendet sich währenddessen schon wieder ab. Wozu soll er ihm das Allerheiligste auch zeigen oder auf ein Amen zu „Der Leib Christi“ warten – der Diakon wird ja schon wissen, was er mit der Oblate machen soll.

- Mehr Akrobatik während und nach der Kommunionausteilung an das Volk.

Das ist zwar nichts im Vergleich zu den Leistungen des hiesigen Ortsbischofs, der schon zur Mitte der Predigt hinreichend viele liturgische Missbräuche hinnimmt, dass empfindliche Gemüter lieber das Weite suchen – es legt aber nahe, dass eine gewisse Unklarheit über die Funktion von Messen nicht nur unter Feld-, Wald- und Wiesenpastoren verbreitet ist.

Erste Papstopfer in der Blogözese

Leider hat die Politik des gegenwärtigen Papstes mit dem Kreuzknappen ein erstes Opfer unter den Erzbloggern gefordert. Das bedauere ich sehr, wo ich doch meinen gerechten Anteil an seinen 70.000 monatlichen Seitenaufrufen hatte.

Schade, dass das gerade jetzt passiert, da der Papst beginnt, katholisch zu werden. Beispielsweise predigte er gegen
die weltlichen Christen, Christen allein dem Namen nach, mit zwei oder drei christlichen Dingen, doch nichts mehr: „heidnische Christen! Dem Namen nach Christen, aber mit einem Leben als Heiden. Oder um es mit anderen Worten zusagen: Heiden mit ein paar Pinselstrichen von Christentum, so dass sie wie Christen ausschauen. Aber sie sind Heiden“.
„Auch heute gibt es viele von diesen!“, so der Papst: „wir müssen aufpassen, nicht auf jenen Weg des heidnischen Christen abzugleiten, des Scheinchristen. Und die Versuchung, sich an die Mittelmäßigkeit zu gewöhnen, an die Mittelmäßigkeit der Christen, dieser Christen, ist gerade ihr Untergang, weil das Herz lau wird, weil sie lau werden.“
Der Papst verwies auf einige Zeichen im Herzen, die offenbarten, dass man zur Weltlichkeit hin abrutsche: „Wenn du das Geld liebst und an ihm hängst, an der Eitelkeit und am Stolz, dann bist du auf diesem schlechten Weg.“
Ein paar Artikel darunter zitiert kath.net Sandro Magister:
Die deutschen Bischöfe „sind die Barmherzigsten, wenn sie die Kommunion den geschiedenen Wiederverheirateten geben wollen, aber sie sind die Unbarmherzigsten, wenn sie diejenigen de facto exkommunizieren, die sich weigern, die Kirchensteuer zu zahlen.“
Was kann mit dieser Mittelmäßigkeit und Lauheit, die der Papst geißelt, gemeint sein, wenn nicht der Vorstoß der (hauptsächlich) deutschen Bischöfe, die „Wunden zu verbinden, ohne sie vorher zu reinigen“? Und wo zeigte sich die Liebe zum Geld deutlicher als in dem zitierten Dekret der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) vom 20. September 2012, mit dem Kirchensteuerzahlungsverweigerer faktisch exkommuniziert werden?

Die Kommentare zu dem letztgenannten Artikel sind dabei ziemlich hilfreich, z.B. mit dem Verweis auf einen Artikel des Kirchenrechters Prof. Bier, der die Rechtsfolgen eines Austritts aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts (aus der Kirche kann man, da die Taufe ein unauslösliches Prägemal verleiht, nicht austreten) ausführlich darlegt.


Auch bei seinem Lieblingsthema, dem Gang zu den Rändern, traf der gegenwärtige Papst kürzlich mehrere Aussagen, die ich bisher etwas vermisst hatte, wodurch möglicherweise die aberrante Schwerpunktsetzung bei der Anwendung seines Anliegen durch einige untergeordnete Umsetzer resultiert. Gut und richtig fand ich beispielsweise
„Der Hirt auf halbem Weg ist traurig. Traurig ist der Hirt, der die Tür der Kirche öffnet und dann dort bleibt und wartet. Traurig ist der Christ, der in seinem Innern, in seinem Herzen nicht das Bedürfnis, die Notwendigkeit verspürt, hinzugehen und den anderen zu erzählen, dass der Herr gut ist.“
„Der wahre Hirt, der wahre Christ hat diesen Eifer in sich: keiner soll sich verirren.“
„Der gute Hirt“, so der Papst abschließend, „geht hinaus, immer ist er im Aufbruch: er geht aus sich selbst heraus, er ist im Aufbruch zu Gott, im Gebet, in der Anbetung. Er ist im Aufbruch zu den anderen, um ihnen die Botschaft des Heils zu bringen“.
Dass „Verirren“ die Notwendigkeit einer Führung impliziert, dass Gott, Anbetung und Heil zentrale Dimensionen der Mission sind, war meines Erachtens bisher etwas untergegangen. Bleibt zu hoffen, dass diesen Worten nicht wieder das genau gegenteilige Tun folgt.

Freitag, 7. November 2014

Breaking News – Zustimmungsfähige Bischofsworte

Kardinal Meisner spricht, hier ein paar Kernsätze:
Wenn die Liturgie als Gottesverehrung gefeiert wird, wenn sie nicht katechetisch missbraucht wird, hat sie eine ungeheure missionarische Kraft.
Genau, das kann man nicht oft genug wiederholen.

Und:
Ich brauche für mein Christus-Zeugnis auch den Glauben der Schwester und des Bruders neben mir.
Das klingt ziemlich anders als das Schönbornsche „als ob ihnen dadurch [durch die Konfusion der synodalen Zwischenrelatio] selbst etwas weggenommen werden könnte“ – es wird etwas weggenommen, nämlich das Vertrauen darauf, dass die Kirche noch das Evangelium Christi verkündet – und wenn ich schon vom Glauben meiner Nebenlaien abhänge, wie viel mehr dann von dem klaren Zeugnis der Hirten?!

Und wenn der Dubliner Erzbischof konstatiert, dass „Sehnsucht nach Gewissheiten eher einer persönlichen Unsicherheit entspringe als starkem Glauben“ – ja wen genau will er mit der Konfusion denn evangelisieren? Die Leute, die einen starken Glauben gegen das Zeugnis ihrer Hirten bewahren? Wenn er „an die Ränder“ gehen will, trifft er gerade auf Leute, die (noch) keinen starken Glauben haben – und nach des Dubliners Logik bräuchten gerade diese „Gewissheiten“, um den Glauben zu entwickeln. Oder soll das neubarmherzige Kerygma nur ein Lockangebot sein, bei dem man später quasi in der Abofalle drinsteckt und dann die Regeln nachträglich übergestülpt kriegt?? Wird nicht funktionieren.

Die vielzitierte „Pädagogik Jesu“ ist die der klaren Ansage. Und gerade die bringt den Durchbruch zum Christusbekenntnis.

Kardinal Meisner:
[Nach der Brotrede in Joh 6 „zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.] Und jetzt sagt Jesus nicht zu den paar, die übrig geblieben sind (wie wir das heute machen würden): „Nun bleibt mal schön da, wir machen es billiger, wir hängen das alles mal [tiefer]“, sondern er sagt: „Wollt auch ihr gehen?“ – Und da sagt Petrus: „Herr, zu wem sollen wir gehen?“
Erinnert irgendwie an die Worte von Kardinal Burke bei der gestrigen Vorstellung der deutschen Übersetzung des 5-Bischöfe-Buches: „Wenn wir zu den Rändern gehen, sollten wir nicht mit leeren Händen kommen“, womit er für eine klare Verkündigung des Evangeliums und der Lehre der Kirche eintritt.

Donnerstag, 6. November 2014

Der Wessi ist der neue Afrikaner


Es sind offensichtlich nicht nur verängstigte Rosenkranzzähler, denen die Offenheit und Meinungsvielfalt dann doch nicht passt, wenn sie auch für Andere gelten soll.

Ganz auf der Kasperschen „Afrikanische Bischöfe sollen uns nicht zu sehr erklären, was wir zu tun haben“-Linie äußert sich auch der Magdeburger Bischof Feige anlässlich des Mauerfall-Jahrestages:

Während Feige sich fasziniert zeigt, „wie durch Zuzug mancher Westdeutscher und Ausländer verschiedene unserer Gemeinden bereichert wurden“, äußert er sich hingegen befremdet über einige negative Auswirkungen der Pluralisierung. Unterschiedliche Meinungen seien durchaus willkommen und er freue sich immer aufs Neue über Meinungsvielfalt und die gewonnene Freiheit mit all ihren Möglichkeiten. Kontraproduktiv werde dies aber, „wenn jemand mit westlicher Sozialisation meint, katholischen Christen im Osten beibringen zu müssen, was wahrhaft katholisch sei“.

Nee, ist schon richtig – Ball flach halten und bloss nicht anecken ist ja auch eine Tugend, die schon der Heilige Petrus hochgehalten hat.

Interessant ist zu sehen, dass er Mission, Zeugnisgeben und diese Dinge anscheinend eher im Licht von Ps 51, 8 interpretiert, denn

er betrachte zudem manche christliche Großveranstaltung skeptisch. Massen zu begeistern, „scheint nicht unbedingt immer etwas mit wirklicher Überzeugung oder einem tiefen Glauben zu tun zu haben“.

Naja, von „Massen“ kann bei einem Katholikenanteil von 3% in der Bevölerung und 86.000 zahlenden Mitgliedern eh keine Rede sein; dann muss die Ablehnung wohl eher der „Begeisterung“ gelten. Da sehe ich hier aber keine wirklich allzugroße Gefahr, irgendwie.

Es wäre natürlich interessanter zu erfahren, was denn sonst nach Herrn Feiges Ansicht „etwas mit wirklicher Überzeugung oder einem tiefen Glauben zu tun“ hat. Nach der unter „Zukunftsbilder 2019“ an erster Stelle genannten Weisheit

Das „... Leben unter Nichtchristen lässt erkennen, dass der Geist Gottes auch außerhalb der christlichen Gemeinden wirkt.“ (Pastoralsynode Dresden, 1974)

muss die Kirche wohl von außen und unten erneuert werden:

Alle Getauften werden mit den ihnen eigenen Charismen und Begabungen zunehmend die Kirche vor Ort in diesem Sinne gestalten. „Deshalb müssen“ – so heißt es in der Würzburger Synode von 1975 – „auch alle beteiligt sein an der lebendigen Erneuerung unserer Kirche.“

Bemerkenswerte Quellen, auf die man sich da bezieht, und die auch (scheint’s) nach vierzig Jahren nichts von ihrer Frische und Neuheit verloren haben …

Mittwoch, 5. November 2014

Gute Gesellschaft



Athanasius Schneider, Weihbischof in der Erzdiözese St. Maria in Astana, Kasachstan, ergänzt den Ärger über die Beschimpfung glaubenstreuer durch „neu-heidnische“ Bischöfe durch eine interessante Beobachtung

And what is still aggravating, is the fact that such bishops try to legitimize their infidelity to Christ’s word by means of arguments such as “pastoral need”, “mercy”, “openness to the Holy Spirit”. Moreover they have no fear and no scruples to pervert in a Gnostic manner the real meaning of these words labeling at the same time those who oppose them and defend the immutable Divine commandment and the true non-human tradition as rigid, scrupulous or traditionalist. During the great Arian crisis in the IV century the defenders of the Divinity of the Son of God were labeled “intransigent” and “traditionalist” as well. Saint Athanasius was even excommunicated by Pope Liberius and the Pope justified this with the argument that Athanasius was not in communion with the Oriental bishops who were mostly heretics or semi-heretics. Saint Basil the Great stated in that situation the following: “Only one sin is nowadays severely punished: the attentive observance of the traditions of our Fathers. For that reason the good ones are thrown out of their places and brought to the desert” (Ep. 243).

Was es noch schlimmer macht ist die Tatsache, dass solche Bischöfe versuchen, ihre Untreue gegen Christi Wort durch Argumente wie „pastorale Notwendigkeit“, „Barmherzigkeit“, „Offenheit für den Heiligen Geist“ zu rechtfertigen. Weiterhin haben sie keine Angst und keine Skrupel, die wahre Bedeutung dieser Wörter in gnostischer Weise zu verdrehen, kleben gleichzeitig aber denen, die ihnen widerstehen und das unwandelbare göttliche Gebot und die wahre nicht-menschengemachte Überlieferung verteidigen, Etiketten wie „starr“, „übergewissenhaft“ oder „traditionalistisch“ an.
Während der großen arianischen Krise im 4. Jhd. wurde die Verteidiger der Göttlichkeit des Gottessohnes ebenfalls als „unnachgiebig“ und „traditionalistisch“ bezeichnet. St. Athanasius wurde sogar von Papst Liberius exkommuniziert, und der Papst rechtfertigte dies mit dem Argument, dass Athanasius nicht in Gemeinschaft mit den morgenländischen Bischöfen stand, die größtenteils heretisch oder halb-heretisch waren. St. Basilius der Große stellte in dieser Lage fest: „Nur eine Sünde wird heutzutage schwer bestraft: die sorgfältige Beachtung der Traditionen der Väter. Aus diesem Grund werden die Guten aus ihren Ämtern vertrieben und in die Wüste geschickt“.

Da scheint es ja noch weitere Parallelen zu geben.
Wer wird wohl als erster exkommuniziert – Burke, Müller, oder gar Ratzinger?!

The final Relatio of the Synod … will surely only increase the doctrinal confusion among the priests and the faithful, being in the air, that Divine commandments and Divine words of Christ and those of the apostle Paul are put at the disposal of human decision making groups.
Das Schlussdokument der Synode … wird sicherlich nur die Verwirrung über die Lehre unter den Priestern und den Gläubigen vergrößern, wo im Raum steht, dass göttliche Gebote und göttliche Worte Christi und die des Apostels Paulus der Verfügung durch menschliche Entscheidungszirkel anheimgestellt werde.

Nana, da hat der Bischof in abgelegenen Kasachstan wohl noch nicht mitbekommen, dass es gar keine Verwirrung gibt …

Keine Verwirrung, viele Ängste

Archbishop Diarmuid Martin of Dublin said he was “quite surprised at the remarks of some commentators within church circles about the recent Synod of Bishops, often making accusations of confusion where such confusion did not exist and so actually fomenting confusion.”
Er sei also ziemlich überrascht über die Bemerkungen einiger Kommentatoren in Kirchenkreisen über die letzte Bischofssynode, welche oft die Anklagen über Verwirrung erheben, wo solche Verwirrkung überhaupt nicht besteht, und dadurch erst die Verwirrung schüren.

Da erlaube ich mir mal zu widersprechen. Die Verwirrung, ob einige Bischöfe überhaupt noch das Evangelium als Bezugspunkt nehmen oder ihre jeweiligen Ansichten der aktuellen Regenbogenpresse entnehmen, besteht hier schon länger und wurde durch die Synode nicht geringer. Auch konnte man – wenn man wollte – an allen Ecken und Enden einschlägige Verwirrungsmitteilungen lesen, und das insbesondere bevor mit Kardinal Burke ein exponierter Kommentator in Kirchenkreisen diesen Umstand benannte.

Mich wundert, dass sich der Bischof so uninformiert äußert. Ist er möglicherweise von den vom gegenwärtigen Papst so genannten Hofschranzen und Bücklingen gut vor Nichtgremikalen abgeschirmt und verfügt als Person fortgeschrittenen Alters nicht über einen Internetzugang?

Aber hören wir doch, was der Bischof zur Begründung seiner Position sagt:
Archbishop Martin said he believed that “a longing for certainties may spring from personal uncertainty rather than strong faith.” “A strong — and indeed orthodox faith — is never afraid of discussion,” he said.
Er glaube, dass die Sehnsucht nach Gewissheiten eher einer persönlichen Unsicherheit entspringe als starkem Glauben. Ein starker und wahrhaft rechtgläubiger Glaube hat niemals Angst vor Diskussionen.

Hmhmhm. Ich hätte zwar keine Angst vor einer Diskussion mit dem Bischof, wenn es darum ginge, meine Ansichten biblisch zu belegen – ich fürchte fast, ich könnte dabei nicht wesentlich schlechter aussehen als dieser Mann. Ich sorge mich allerdings um das Seelenheil der Bischöfe, die der Zeitgeistdienerei verfallen sind und Angst vor dem Bekenntnis der Wahrheit haben.

Apropos Angst – folgende Äußerungen des Wiener Schönborn wurden schon dieser Tage berichtet:
Manche in der Kirche hätten Angst vor zu viel Offenheit gegenüber jenen, die nicht in einer gelingenden christlichen Ehe leben; als ob ihnen dadurch selbst etwas weggenommen werden könnte. Es gebe auch Angst, dass durch die Synode etwas von der klaren Lehre der Kirche aufgegeben werden könnte.
Das Wichtigste in Diskussionen ist ja stets, zunächstmal den Andersmeinenden zu pathologisieren, damit man die inhaltliche Auseinandersetzung auf das „Ich hab eh recht“ verkürzen kann. Ist ja toll, dass einige Bischöfe die Zeichen der Zeit erkannt und dieses "Argumentationsmuster" auch für die Kirche übernommen haben.

Aber irgendwie überzeugt mich das nicht sofort von der Richtigkeit der Schönbornschen Position.

Samstag, 1. November 2014

Die Welt blickt auf Deutschland

Wieder einmal fragt sich die Welt, wie es zuging, dass sie vor wenigen Wochen in Rom erneut am deutschen Wesen genesen sollte. John Zuhlsdorf hat dabei Derwisch-Tänze, die in Heiligen(?) Messe in Deutschland zur Folklore zu gehören scheinen, als mögliche Quelle identifiziert, wobei aber der Blick auf die Homepage der fraglichen Gemeinde eher nahelegt, dass dies möglicherweise noch zu den geringeren der dortigen Missstände gehört.

Die Gemeinde gehört zum Bistum Würzburg, weshalb ich mich auf der dortigen Webseite umgetan habe. Unter den aktuellen Meldungen finden sich z.B. folgende:

KjG fordert mehr Glaubwürdigkeit
Bei der Diözesankonferenz der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) im Oktober im KjG-Haus Schonungen haben die rund 50 Delegierten ein Positionspapier mit dem Titel „Für mehr Glaubwürdigkeit in der Kirche“ verabschiedet. Darin werde der Umgang der katholischen Kirche mit homosexuellen und wiederverheirateten Mitarbeitern kritisiert, schreibt die KjG in einer Pressemitteilung. „Eine Kernaussage in den Richtlinien für kirchliche Arbeitsverhältnisse ist, dass alle Menschen zur Gemeinschaft mit Gott und zum Dienst aneinander berufen sind“, sagte Dominik Großmann, Mitglied der Diözesanleitung. Es sei nicht nachvollziehbar, warum jemand aufgrund der persönlichen Lebensweise oder einer gescheiterten Lebensplanung von diesem Dienst ausgeschlossen werde.
Für einen Aussenstehenden ist es dagegen nicht nachvollziehbar, inwiefern es die Glaubwürdigkeit einer Wertegemeinschaft erhöhen soll, wenn ihre Mitarbeiter ihre Werte mit den Füßen treten und darauf auch noch stolz sind.
Früher®, als ich noch jung war, galten Leute als besonders glaubwürdig, die auch das taten, wofür sie einstehen sollten.

Dass dieses Konzept den Würzburger Jugendlichen nicht völlig fremd ist, zeigt sich in der Fortsetzung, wo es heißt:
Außerdem will die KjG dem Klimabündnis des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Würzburg beitreten. „Wir wollen hier als KjG ein deutliches Zeichen für den Klimaschutz setzen und auch selbst durch die Veränderung der eigenen Verhaltensweisen aktiv dazu beitragen“
Nanu, auf einmal werden Zeichen setzen und Verhaltensänderungen in einem Atemzug genannt? Wäre es nicht glaubwürdiger, dem Klimabündnis beizutreten und ein paar echte Umweltsäue bei der KjG zu beschäftigen?

Nun gut, dem Jungvolk möchte man zugute halten, dass sie vielleicht dazulernen können, wenn sie dem Erwachsenenalter nahen. Was aber spricht der Bischof bei der Herbstvollversammlung des Diözesanrats?
Die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ beginnt mit folgenden Worten: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi."
Grundlegend ist bei diesem Wort die Blickrichtung von den Menschen her, von den Menschen unserer Zeit! Nicht wir als Kirche oder als Christen geben vor, worüber die Menschen froh oder traurig sein sollen oder gar dürfen; was ihnen Angst oder Hoffnung machen kann. … Worauf richtet sich die Hoffnung? Gesundheit; eine Arbeit finden; glücklich sein; eine glückliche Familie; ein fester Freundeskreis
Anderer Meinung ist Matthäus im Anschluss an Jesaja, und Paulus besingt nicht nur den Grund und das Ziel der Hoffnung, sondern auch den Weg dahin.
Die christliche Hoffnung richtet sich eben nicht auf die elementaren Bedürfnisse, sondern geht darüber hinaus (vgl. Mt 6, 31ff)

Der Bischof erwähnt zwar noch das Eigentliche:
Hier setzt unser Denken, unser Tun und Handeln als Christen an. Nicht wir sollen vorgeben, wie die Menschen denken und fühlen, sondern wir teilen das, was die Menschen bewegt. Und – das ist der wichtige nächste Schritt – wir teilen es aus unserer eigenen Erfahrung und aus unserem eigenen Glauben heraus. Diesen Glauben bieten wir den Menschen an. Diesen Glauben bringen wir in diese Begegnungen mit den Menschen hinein.
Das setzt natürlich voraus, dass ein solcher Glaube vorhanden ist und dass er im Leben spürbar ist. Wenn ich oben die Würzburger Jugend gehört hab, kann diese Voraussetzung nicht als gegeben betrachtet werden.

Gerade deshalb hatte ja der Heilige Vater Benedikt das Jahr des Glaubens ausgerufen, deshalb hatte der Heilige Johannes Paul II. die Notwendigkeit der Neuevangelisierung, "die erneute Einwurzelung und Vergegenwärtigung des Evangeliums Jesu Christi in den Ländern, in denen der christliche Glaube schon sehr lange beheimatet ist, aber durch die fortschreitende Säkularisierung an Bedeutung verloren hat" betont.

Im Anschluss an das gegenwärtigen Pontifikat scheint man das auch in Würzburg nicht nur für entbehrlich, sondern für schädlich zu halten, denn der Bischof fährt fort:
Der tschechische Theologe und Soziologe Professor Dr. Tomáš Halík hat Ende September beim Priester- und Diakonentag in Heidenfeld ein bemerkenswertes Referat gehalten. Sein Thema war: „Ich möchte bei Dir zu Gast sein – Was kann die Kirche Suchenden geben?“
Halík erklärte, dass es sowohl in der Kirche als auch außerhalb von ihr viele Suchende gebe, die darauf warten, angesprochen zu werden. Bislang habe das Hauptaugenmerk der Kirche jedoch den „Eingewohnten“, wie Halik sie nennt, den kirchlich Verwurzelten gegolten.
An die Suchenden heranzutreten, als seien sie „verlorene Schafe“, ist in Halíks Augen allerdings ein völlig falscher Ansatz.
Die Not zu sehen, sah er als Grundaufgabe für uns Christen.
Die caritativen Werke sind ein Ausfluss, nicht ein tauglicher Ersatz des Glaubenslebens. Die Fokussierung auf den Betrieb vielfältiger „katholische“ Sozialeinrichtungen, deren Mitarbeiter mit dem Glauben (um „glaubwürdiger“ zu sein, s.o.) nichts mehr am Hut haben, ist jedoch leeres Getue, genauso nutzlos wie Glauben ohne Werke (Jak 2,20).


In der gleichen Linie heißt es allerdings in der jüngsten Ausgabe der Civiltà Cattolica:
„Generell können wir sagen, daß die Relatio die Anerkennung der positiven Elemente auch in den nicht perfekten Familienformen und den problematischen Situationen aufgenommen hat.“ Es werde darin gesagt, daß „das Positive in den nicht perfekten Situationen anzuerkennen“ sei. Die von Pater Spadaro in diesem Zusammenhang bemühten Stichworte lauten „Lebenswirklichkeit“, „wirkliches Leben“, „reale Geschichte“. Damit habe die „Relatio eine Kirche gezeigt, die mit ihren Energien mehr darauf abzielt soviel Getreide als möglich zu säen anstatt Unkraut auszureißen.“
Viel gäbe es über den Irrtum des Unkrautausreißens zu sagen (was der Jesuit hier anscheinend als „Tadeln“ missversteht, während Jesus das Verurteilen zur ewigen Verdammnis meint, was natürlich nicht Aufgabe der Kirche ist, sondern dem Herrn selbst vorbehalten ist. Den Sünder zur Umkehr aufzurufen ist aber kein Unkrautausreißen, sondern die Einladung, die Barmherzigkeit Gottes anzunehmen und sein Leben in Ordnung zu bringen).

Der hier einschlägige Punkt ist aber eher, dass es mit dem „möglichst viel säen“ nicht getan ist.

Ein schönes Gleichnis für die Menschen, die Gott suchen, und die Aufgabe der Kirche ging etwa so:
Mit dem Aussäen ist es bei Tomaten nicht getan. Wie alle Pflanzen strebt auch die Tomate dem Licht zu. Aus eigener Kraft kann sie sich aber nicht aufrichten, um ihre Pracht zu entfalten. Tomaten benötigen immer eine Stütze, die festen Halt bietet und an der sich die Pflanze bis zur Reife festhalten kann, um sich nach oben zu hangeln.
Der Glaube, vermittelt durch die Lehre der Kirche, ist eben keine Unkrauthacke, sondern eine Rankhilfe. Und das Verwalten caritativer Einrichtungen ohne gelebten Glauben ist eben kein Säen des Wortes.

Falls den Würzburger Bischof die Blickrichtung eines Menschen unserer Zeit, auch wenn er nicht explizit antikatholisch ist, interessierte: Was mir Hoffnung macht, ist der Blick auf die Situation der Kirche im Moment ganz bestimmt nicht.