Samstag, 18. Oktober 2014

Gewalt-Konvention und Wirklichkeit

Am ersten August trat von mir weitgehend unbemerkt das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ in Kraft, das ich auch weiter ignoriert hätte, würden nicht die polnischen Bischöfe ihrer Regierung von einer Ratifikation abgeraten haben, was mich zunächst wunderte, weil die Bischöfe doch eigentlich gar keine Frauen haben sollten, gegen die sie häusliche Gewalt ausüben können – was stört sie also das Übereinkommen?

Letztlich schwer zu sagen, weil ich beim Blick in die Übereinkunft schon in der Präambel stecken geblieben bin.

Unter den Gründen, die die Notwendigkeit der Übereinkunft belegen, wird als „ein Haupthindernis für das Erreichen der Gleichstellung von Frauen und Männern“ die „häufig schweren Formen von Gewalt wie“ Zwangsverheiratung, Ehrenmorde und Genitalverstümmelung genannt.

Mensch, wird da ein aufmerksamer auswärtiger Beobachter sagen, in Europa haben die ja schlimme Zustände. Kein Wunder, dass die dort Frauenquoten für Aufsichtsräte brauchen.

Naja, okay erstmal. Schauen wir kurz mal auf den nächsten Punkt der Präambel. Da wird die „Erkenntnis, dass Frauen und Mädchen einer größeren Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind als Männer“ aus der Vergewaltigungen bei bewaffneten Konflikten abgeleitet.

Männer werden erschossen, das ist bei Kriegen aber üblich und keine geschlechtsspezifische Gewalt. Da hat die Präambel aber mal total Recht. Das Problem würde also gelöst, wenn Frauen auch erschossen würden. – Hm, schon an dieser Stelle fange ich an zu verstehen, warum die polnischen Bischöfe ein Unbehagen haben. Ein vernünftiger Mensch würde denken, Gewalt sei allgemein schlecht. Die Übereinkunftsverfasserinnen scheinen eher die Diskriminierung, dass Frauen vergewaltigt und nicht erschossen werden, als Problem zu sehen.

Was werden also für Lösungen angeboten?
Artikel 3c: „Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Begriff 'Geschlecht' die gesellschaftlich geprägten Rollen, Verhaltensweisen, Tätigkeiten und Merkmale, die eine bestimmte Gesellschaft als für Frauen und Männer angemessen ansieht“
Artikel 6: „Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Geschlechterperspektive in die Durchführung und in die Bewertung der Auswirkungen dieses Übereinkommens einzubeziehen“
Artikel 12: „Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um Veränderungen von sozialen und kulturellen Verhaltensmustern von Frauen und Männern mit dem Ziel zu bewirken, Vorurteile, Bräuche, Traditionen und alle sonstigen Vorgehensweisen, die auf der Vorstellung der Unterlegenheit der Frau oder auf Rollenzuweisungen für Frauen und Männer beruhen, zu beseitigen.“
Hm, alle Traditionen, die auf Rollenzuweisungen für Frauen und Männer beruhen, beseitigen. Heiraten kann damit nicht gemeint sein, denn das kann man ja mittlerweile auch seinen Hund. Im Lichte von Art. 3c fürchte ich fast, es wird erst Ruhe geben, wenn eine Männerquote für Geburten durchgesetzt ist.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen