Donnerstag, 30. Oktober 2014

Wirr, Wirrer, Wirrklichkeit

Es gibt keine wirre Phantasie, selbst nicht
Im Lichte von Art. 3c fürchte ich fast, es wird erst Ruhe geben, wenn eine Männerquote für Geburten durchgesetzt ist.
die nicht bald von der Wirrklichkeit eingeholt wird:
Wir brauchen die Schwangerschaft für Männer
Die Idee ist, dass „schwangere“ Väter genauso eine Zwangspause im Job einlegen müssen wie die werdende Mutter im Mutterschutz, um für den Arbeitgeber das bisher auf den weiblichen Teil der Elternschaft beschränkte Arbeitsausfallrisiko zu verwischen, so dass es keinen Grund gibt, Frauen bei der Karriereplanung hintenanzustellen.

Was dem Autor mit dem Fokus auf die Frauenkarrieren möglicherweise entgeht ist, dass die ohnehin (finanziell und karrieretechnisch) beeinträchtigten Eltern dadurch doppelt belastet werden, damit das Armutsrisiko der Elternschaft von „halbes Einkommen“ auf „gar kein Einkommen“ steigt und der Vorschlag letztendlich auf ein Karriereverbot für Eltern hinausläuft.

Wenn wir schon eine technische Lösung für ein nicht-technisches Problem anstreben, wäre ein Job-Verbot für Kinderlose doch viel wirrkungsvoller.

Nach Erzählungen sollen in der DDR selbst verheiratete Studenten nur dann aus den Mehrbettzimmer in ein separates Appartement verlegt worden sein, wenn sie ein Kind vorweisen konnten. Wenn also schon vom Sozialismus gelernt werden soll, dann aber an der richtigen Stelle.

Dienstag, 28. Oktober 2014

Vom Tollsten Hecht im Teich lernen

Welcher Art Einsicht wird man erwarten, wenn ein Jüngling einen Beitrag folgendermaßen beginnt:
Ich bin nicht irgendjemand, der über die Katholische Kirche schimpft. Ich bin ein Mitglied und um ehrlich zu sein, kein unbekanntes. In den meisten Diözesen Deutschlands gibt es Katholiken, die mich kennen. Sie haben mir zugehört, sie haben mit mir gearbeitet oder sich mit mir gestritten.
Auch bei der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) bin ich kein unbeschriebenes Blatt. Ich gehöre zu den jüngsten Menschen, die in den letzten 200 Jahren in der Konferenz gesprochen haben. Ich zähle zu denen, denen dort am längsten zugehört wurde.
Ich habe euch Bischöfen wieder etwas zu sagen: Ihr liegt falsch. Ihr liegt falsch, so falsch wie man nur liegen kann.
Eine solche Egomanie, ausschließliches Kreisen um das Selbst, Selbstüberschätzung und Selbstverliebtheit, auffällige Selbstbewunderung und übersteigerte Eitelkeit, einen solch manifesten Narzissmus hatte ich vorher in so konzentrierter Form nirgendwo gelesen.

Selbstredend, dass bei soviel Ego kein Platz für Argumente bleibt – die ja auch entbehrlich sind, wenn es ausreicht, auf die Autorität des eigenen Ichs zu verweisen, die sich weniger aus erbrachten Leistungen als einer festen Überzeugung, der Nabel der Welt zu sein, speist.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung wird hier entbehrlich.
Die Beobachtung hilft aber, einige jüngste Entwicklungen der Deutschnationalen Kirche zu verstehen.

Sonntag, 26. Oktober 2014

Forderung, Moralvorstellungen zu ändern oder aufzuweichen

Es scheint, als wäre die Welt alt geworden, als hätten die Menschen samt den anderen Kreaturen ihre ursprüngliche Jugendfrische verloren, als wäre, nach dem Worte der Wahrheit, die Liebe nicht bloß in vielen, sondern in allen erkaltet.
Da sich die Menschen geändert haben, sollte man auch die sittlichen Gebote, die für sie aufgestellt sind, ändern oder ihre Strenge mäßigen.
Heloise an Abelard, ca. 1133

Samstag, 25. Oktober 2014

Zukunftsbild in Paderborn

Nebenan wurde freundlicherweise auf das Zukunftsbild für die Erzdiözese Paderborn mit seinen Volltexten und Anhängen verlinkt.

Beim ersten Überfliegen klingt das Zukunftsbild eigentlich ganz vernünftig. Schöne Fundierung in Schrift und Konzilstexten.

Manche Schlagworte (Marktorientiertierung, Netzwerke statt Pfarreien, Pluralität der Pastoral, Selbstorganisation durch die Gläubigen) verbinden sich bei mir nicht unbedingt mit klaren Inhalten. Ein gewisser Anklang an „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“ lässt sich nicht ganz unterdrücken.

Etwas stutzig werde ich, wenn unter Nachrangigkeiten der „Aufwand in der Sakramentekatechese“ besonders aufgeführt wird. Läuft irgendwie ziemlich konträr zur Verbesserung der Ehevorbereitung, die auf der Familiensynode angedacht wurde.

Die Präsenz an Orte der Lebensthemen von Menschen (genannt werden z.B. Kino und Sportstätten) im Namen der Angebotsvielfalt statt flächendeckender Versorgung (z.B. mit Messen) – ist wohl auch eine der Überraschungen, für die man neuerdings offen sein soll.

Die priorisierten Handlungsfelder 1&2 gefallen mir allerdings ganz gut. Bin mal gespannt, ob sich das so umsetzen lässt.

Insgesamt klingt es deutlich besser als das, was hiesigenorts unter Zukunft verstanden wird.

Mundgeruch des Kardinal Marx

Vorgestern sprach der gegenwärtige Papst zu einer Delegation der Internationalen Vereinigung für Strafrecht u.a. über Korruption (unter Punkt III. b).
Der Korrupte nimmt die Abkürzung des Opportunismus, wodurch er sich selbst für einen Gewinner hält, der beleidigt und verfolgt wer auch immer ihm widerspricht.
Korruption ist ein größeres Übel der Sünde. Mehr als vergeben, muss dieses Übel geheilt werden.
Es ist ein bisschen wie mit dem Mundgerucht: es ist schwierig für den, der ihn hat, ihn zu bemerken; es sind die anderen, die ihn bemerken und es ihm sagen müssen.
Jetzt der Marx:
"Diesen Ungeist der Rechthaberei, der Taktiererei, natürlich gibt es den! Der kriecht immer wieder durch die Ritzen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz im Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT, "aber wer einen Aufbruch in der Kirche dafür missbraucht, nur Mehrheiten fürs eigene Lager zu organisieren, der hat den Geist dieses Papstes nicht verstanden."
"Die Gefahr für jeden Fortschritt ist die Rechthaberei von Leuten, die sagen, ich habe meine Position, was brauche ich Diskussion?", kritisierte Marx die Reformgegner. Er habe "dem Papst auch persönlich gesagt: Ich habe die Befürchtung, dass hier diskutiert wird mit der Frage: Wer ist noch katholisch und wer nicht? Aber wer so diskutiert, hat nichts, wirklich nichts verstanden vom Geist einer Synode."
Offensichtlich sind in den Augen des DBK-Vorsitzenden die Rechthaber und Taktierer, die Mehrheiten für das eigene Lager organisieren, genau dann böse, wenn sie eine andere Ansicht vertreten als besagter Vorsitzende. Dass er selbst quasi als Organisator einer „Neuen Rheinischen Allianz“ mit seiner „von der Mehrheit der DBK-Mitglieder“ unterzeichneten Position schon vor der Synode hausieren gegangen ist – ist natürlich was ganz anderen, weil er nicht „nichts, wirklich nichts verstanden“ hat wie seine Widersacher.

Puh, der Mundgeruch des Opportunisten des Weltgeists, der sich immer für den Gerechten hält, ist schlimmer als der Schwefelgeruch des Meteroriten, der Sodom und Gomorra auslöschte.

Passend warnt heute Paulus vor dem Marx’schen „Geist der Synode“:
Wir sollen nicht mehr unmündige Kinder sein, ein Spiel der Wellen, hin und her getrieben von jedem Widerstreit der Meinungen, dem Betrug der Menschen ausgeliefert, der Verschlagenheit, die in die Irre führt.
Es ist eine „Gradualität“ des Weges, die Paulus kennt:
Wir wollen uns, von der Liebe geleitet, an die Wahrheit halten und in allem wachsen, bis wir ihn - Christus, ist das Haupt - erreicht haben.
und nicht des Zieles, denn das bleibt:
damit wir zum vollkommenen Menschen werden und Christus in seiner vollendeten Gestalt darstellen.
Somit scheint mir, dass Herr Marx völlig die Aufgabe verfehlt, die Paulus beschreibt:
Er gab den einen das Apostelamt, andere setzte er als Propheten ein, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, um die Heiligen für die Erfüllung ihres Dienstes zu rüsten, für den Aufbau des Leibes Christi. So sollen wir alle zur Einheit im Glauben und in der Erkenntnis des Sohnes Gottes gelangen.

Blog-Patrozinium und Pädagogik Jesu


Heute ist sozusagen Patrozinium, oder Perikopinium, wenn man so will, weil der Abschnitt, aus dem der Blogname genommen wurde, dran ist (unten fett).
Besonders fällt darin die inklusive Sprache – ein Kennzeichen der Pädagogik Jesu – auf (kursiv).
Zu dieser Zeit kamen einige Leute zu Jesus und berichteten ihm von den Galiläern, die Pilatus beim Opfern umbringen ließ, so dass sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte.
Da sagte er zu ihnen: Meint ihr, dass nur diese Galiläer Sünder waren, weil das mit ihnen geschehen ist, alle anderen Galiläer aber nicht?
Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt.
Oder jene achtzehn Menschen, die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden - meint ihr, dass nur sie Schuld auf sich geladen hatten, alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht?
Nein, im Gegenteil: Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt.
Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine.
Da sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach, ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?
Der Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.

Fazit: Wesentliches Kennzeichen der Barmherzigkeit Gottes ist seine Langmut. Seine Barmherzigkeit ist unendlich – keine Sünde wäre so schwer, dass Gott sie nicht verzeihen könnte. Seine Barmherzigkeit währt ewig, aber unser Leben ist endlich – nutzen wir den Aufschub, zur Vernunft zu kommen.

Freitag, 24. Oktober 2014

Das Wehen des Geistes stoppen

In der Welt setzt man große Hoffnung auf erneuerbare Energien, weil man damit ein unendliches Reservoir anzuzapft und endliche Ressourcen zu schonen glaubt.
Wissenschaftler haben aber inzwischen Zweifel, ob der Wind ausreicht, alle Windräder, die man bauen müsste, um die benötigte Energie bereitzustellen, anzutreiben, denn man befürchtet, dass die Bremswirkung der Windräder den Wind zum Stillstand bringen könnte.
Die Rotoren der Windräder bremsen die Luftbewegung. Sie könnten sogar Hurrikane zähmen. Sorgen sie etwa bald für Flaute?
Wenn ich die Zusammenfassung der Ereignisse um die Synode lese, frage ich mich, ob wir hier vom Gleichnis der Windräder lernen können. Synoden sind gedacht als Windräder, die das Wehen des Heiligen Geistes als Energie für die Kirche nutzen. Gegenwärtig scheinen aber einige die Windrichtung derart kanalisieren und für ihre Agenda einsetzen zu wollen, dass von der Kraft des Geistes u.U. wenig in die Arbeitspapiere einfließt.

Das Wehen des Geistes ist kein „starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach“, sondern ein „sanftes, leises Säuseln“.

Ich hoffe, dass nach überstandenem Kampf mit den Baals-Propheten die Kirchenführung aus ihren Aktionismus und Neuerungswahn wieder mehr zum Hören auf den Geist kommt, damit er nicht am Ende ausgebremst wird.

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Arme Kirche

Nachdem jüngst die Vermietung der Sixtina an Porsche anscheinend nicht genügend Geld eingebracht hatte, wurde – wo sie gerade eh in Rom war – die Mannschaft des FC Bayern empfangen, für eine „Spende von einer Million Euro, die der Papst nach eigenem Ermessen verwenden könne. Das Geld soll im nächsten Jahr aus den Einnahmen eines Freundschaftsspiels kommen.“

Die armen Spieler erhielten bei der Gelegenheit „laut Verein ‚ein kleines Kreuz an einer Kette’; gemeinhin nennt man das Rosenkranz.“.

Diese „arme Kirche für die Armen“, deren erste Reform der Neuordnung der Vatikanbank galt, ist nach meinem Geschmack ziemlich stark auf Geld fixiert.

Aber wie heißt es heute Evanglium von dem treuen und klugen Verwalter, den der Herr einsetzen wird?
Er wird ihn zum Verwalter seines ganzen Vermögens machen.

Na dann passt’s ja wieder.

Dienstag, 21. Oktober 2014

Vernachlässigung der Seelsorge in Evangelii Gaudium

Ausgehend vom „Dokument von Aparecida“, worin Bergoglio im Namen der lateinamerikanischen Bischöfe
die „Notwendigkeit betont, »von einer rein bewahrenden Pastoral zu einer entschieden missionarischen Pastoral überzugehen«“ (Nr. 15)
spricht der gegenwärtige Papst in Evangelii Gaudium vom Ruf
„hinauszugehen aus der eigenen Bequemlichkeit und den Mut zu haben, alle Randgebiete zu erreichen, die das Licht des Evangeliums brauchen.“ (Nr. 20)
und interpretiert Mk 1,38:
„Wenn der Same an einem Ort ausgesät ist, hält Jesus sich dort nicht mehr auf, um etwas besser zu erklären oder um weitere Zeichen zu wirken, sondern der Geist führt ihn, zu anderen Dörfern aufzubrechen.“ (Nr. 21)
Dies steht in deutlichem Gegensatz zu den in Nr. 14 wiedergegebenen Propositiones der XIII. Ordentlichen Vollversammlung der Bischofssynode unter dem Thema Die neue Evangelisierung für die Weitergabe des christlichen Glaubens, die drei Bereiche der neuen Evangelisierung unterscheiden:

a) gewöhnliche Seelsorge für die Gläubigen, die regelmäßig zur Messe gehen, sowie für die Lauen, die aber einen festen und ehrlichen katholischen Glauben bewahren
b) Predigt der Umkehr für die »Getauften, die jedoch in ihrer Lebensweise den Ansprüchen der Taufe nicht gerecht werden«
c) Verkündigung des Evangeliums an diejenigen, die Jesus Christus nicht kennen oder ihn immer abgelehnt haben.

Der Gegenwärtige scheint a) und b) für entbehrlich zu halten, weil auch „Jesus sich dort nicht mehr aufhält, um etwas besser zu erklären“. Ihm scheint es mehr auf die Vollständigkeit der erfassten Personen (vgl. Nr. 23) anzukommen als auf Qualität des Erfassten; ja, man könnte fast meinen, es ist ihm gleichgültig, was genau die Leute glauben (Nr. 22: „Die Kirche muss diese unfassbare Freiheit des Wortes akzeptieren, das auf seine Weise und in sehr verschiedenen Formen wirksam ist.“ oder Nr. 24: „. Wenn der Sämann inmitten des Weizens das Unkraut aufkeimen sieht, reagiert er nicht mit Gejammer und Panik. Er findet den Weg, um dafür zu sorgen, dass das Wort Gottes in einer konkreten Situation Gestalt annimmt und Früchte neuen Lebens trägt, auch wenn diese scheinbar unvollkommen und unvollendet sind.“)

Sicher hat Jesus Pastoral b) gegenüber a) betont („Wenn einer 100 Schafe hat …“), weil er a) als Selbstläufer ansehen konnte („Die Kranken brauchen den Arzt, nicht die Gesunden“), hatte aber einen klaren Fokus („… zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel bin ich gesandt“), der nachösterlich auf die Enden der Erde erweitert wurde.
Die Vollständigkeit, die Jesus anstrebte, war aber doch die des Glaubensgutes („Kein Iota …“) und nicht die der Gefolgschaft („… ist meiner nicht wert“).

Der gegenwärtige Papst beruft sich zwar auf den Heiligen Vater Benedikt und die Propositiones (Nr. 30: „Ihre [der Ortskirchen] Freude, Jesus Christus bekannt zu machen, findet ihren Ausdruck sowohl in ihrer Sorge, ihn an anderen, noch bedürftigeren Orten zu verkünden, als auch in einem beständigen Aufbruch zu den Peripherien des eigenen Territoriums oder zu den neuen soziokulturellen Umfeldern. Sie setzt sich dafür ein, immer dort gegenwärtig zu sein, wo das Licht und das Leben des Auferstandenen am meisten fehlen.“), da er sie aber sinngemäß und nicht wörtlich zitiert, kann ich gerade nicht überprüfen, ob sie korrekt wiedergegeben werden. Es würde mich aber wundern, wenn dort die Ausschließlichkeit, mit der der Gegenwärtige auf die Ränder geht, schon angelegt wäre.

Insgesamt befürchte ich, dass momentan die Glut des Glaubens, die in der Kirche noch vorhanden ist, nicht angefacht und belebt, sondern in den Wind zerstreut wird. Dass sich auf diese Weise ein Flächenbrand des Glaubens entfacht, sehe ich nicht. Eher fürchte ich, dass durch Verdünnung und Verstreuung gerade die Treuen irre gemacht werden.

Doch ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.

Montag, 20. Oktober 2014

Postsynodale Reflektionen über Gesetz und Gnade

Im gegenwärtigen Pontifikat scheinen „Gesetze“ als Zäune verstanden zu werden, die verlorene Schafe davon abhalten, zu Jesus zu finden, und deshalb niedergerissen werden wüssen. Oder wie sich der gegenwärtige Papst diese Woche geäußert hat: Ein Gesetz, das nicht zu Jesus führe, sei „tot“.

Traditionell scheinen sie mir eher als Leitplanken zu fungieren, die die Herde davon abhält, vollends von der Bahn abzukommen, die bei Paulus deshalb obsolet werden, weil die im Kreuz offenbarte Liebe Gottes die Menschen befähigt, sich an der Mittellinie zu orientieren, so dass die Leitplanken überflüssig werden. Er warnt jedoch: „Nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch“.

Natürlich hat der gegenwärtige Papst Recht, wenn er feststellt, dass es eine Überkonzentration auf das Geschlechtliche gibt. Nicht nur im Medieninteresse bezüglich katholischer Revolutionen, sondern auch in den katholischen Reaktionen auf gesellschaftliche Entwicklungen. Natürlich zeitigen ungeordnete Neigungen Folgen, auf die hinzuweisen leicht fällt, wie Scheidungsverwaisung, Abtreibung, Verwirrung über das eigene Geschlecht und die sexuelle Orientierung, Kindesmissbrauch usw.
Die Symptome sind aber nur Zeichen, nicht Ursachen der Krankheit.

Auch scheint mir, dass die (synodenrelationale, befreiungstheologische?) Rückführung auf „ökonomische Faktoren“ zu kurz greift, etwa (wie manche sagen) dass die Minderjährigen in den Favelas Kinder bekommen, weil sie kein Geld für Kinokarten haben (und man sich ja irgendwie die Zeit vertreiben muss).
[Vielleicht wäre es trotzdem gut, diese These einem Test zu unterziehen, indem man kostenloses katholisches Freiluftkino in den Vorstädten anbietet – wenn dadurch einige Seelen gerettet würden, umso besser.]
Hierzulande sieht es aber wohl eher so aus, dass die Kinder aus dem Kino lernen, dass Beziehungen beginnen, indem man übereinander herfällt und – wenn es gut gelaufen ist – eventuell nachher nach dem Namen fragt.

Die Lösung steckt kaum darin, die Leitplanken zu diskreditieren. Wenn es wirklich die Gebote wären, die potentielle Gläubige davor abschreckten, ihren Weg mit Jesus zu gehen, wäre das erste, das abgeschafft werden müsste, doch wohl das der Feindesliebe, wovon – wenn man eine entsprechende Umfrage durchführen wollte – das wirkliche Leben von noch viel mehr Menschen abweichen wird als von Humanae vitae oder dem Verdikt gleichgeschlechtlichen Verkehrs.

Auch scheint der Autor von Evangelii gaudium die Abschaffung nicht zu propagieren, denn da heißt es:

Nr. 171: „Es kann jemand die Gnade und die Liebe haben, trotzdem aber die eine oder andere Tugend »aufgrund einiger entgegengesetzter Neigungen«, die weiter bestehen, nicht gut leben. Deshalb bedarf es einer »Pädagogik, welche die Personen schrittweise zur vollen Aneignung des Mysteriums hinführt«.“
Nr. 172: „Das Evangelium schlägt uns vor, einen Menschen zurechtzuweisen und ihm aufgrund der Kenntnis der objektiven Bosheit seiner Handlungen wachsen zu helfen, ohne jedoch über seine Verantwortung und seine Schuld zu urteilen.“

Das ist die „Gradualität“, wie sie der Lehre entspricht – haben die radikalistischen Synodenväter (und der gegenwärtige Papst??) die Enzyklika nicht soweit gelesen?

Dass übrigens Paulus nicht der Ansicht ist, die Gebote würden den Sünder von der Liebe Gottes abtrennen, schreibt er im Epheserbrief (Eph 2,1-3 paraphrasiert):
Wir alle waren in unseren Sünden gefangen, unter der Herrschaft des Geistes dieser Welt, als wir noch von den Begierden unseres Fleisches beherrscht wurden. Wir waren von Natur aus Kinder des Zorns wie die anderen.
Dann kommt aber eben kein „realistischere Erwartungen aneinander stellen“ und keine „Gradualität“, so dass man auch mit kleinerem Einsatz noch über die flache Hürde springen kann, sondern (Eph 2,8-9):
Nicht aus eigener Kraft seid ihr gerettet, nicht aufgrund eurer Werke, damit keiner sich rühmen kann.
Der Kern, die Mitte, Anfang und Ende der Fähigkeit, „die guten Werke zu tun, die Gott für uns im Voraus bereitet hat“, ist Gottes Erbarmen, seine Liebe, der „überfließende Reichtum seiner Gnade“ (Eph 2,4-5):
Gott aber, der voll Erbarmen ist, hat uns, die wir infolge unserer Sünden tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht. Aus Gnade seid ihr gerettet.
Erstaunlicherweise* kennt auch Evanglii Gaudium diese Gnade, und den Weg, sich dieser zu öffnen:

Nr. 264: „Der erste Beweggrund, das Evangelium zu verkünden, ist die Liebe Jesu, die wir empfangen haben; die Erfahrung, dass wir von ihm gerettet sind, der uns dazu bewegt, ihn immer mehr zu lieben. … Wir müssen ihn jeden Tag anflehen, seine Gnade erbitten, dass er unser kaltes Herz aufbreche und unser laues und oberflächliches Leben aufrüttle. … Wie schön ist es, vor einem Kreuz zu stehen oder vor dem Allerheiligsten zu knien und einfach vor seinen Augen da zu sein! Wie gut tut es uns, zuzulassen, dass er unser Leben wieder anrührt und uns antreibt, sein neues Leben mitzuteilen!“

Nr. 267: „Mit Jesus vereint, suchen wir, was er sucht, lieben wir, was er liebt. Letztlich suchen wir die Ehre des Vaters und leben und handeln ‚zum Lob seiner herrlichen Gnade’“.


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* Ich schrieb „erstaunlicherweise“, weil normalerweise, wenn in Evangelii Gaudium von Gnade die Rede ist, dann (so der Eindruck beim schnellen Durchblättern) im Zusammenhang der Hindernisse (Gebote, Priester, Glaubensbekenntnis), die den Gläubigen den Weg zur Gnade verbauen, nämlich:

Nr. 38: in der Verkündigung des Evangeliums muss ein rechtes Maß herrschen: Missverhältnis, wenn mehr vom Gesetz als von der Gnade gesprochen wird.

Nr. 47: „Häufig verhalten wir uns wie Kontrolleure der Gnade und nicht wie ihre Förderer.“

Nr. 84f.: (Unter der Überschrift) „Nein zum sterilen Pessimismus“

Nr. 94: „Es ist eine vermeintliche doktrinelle oder disziplinarische Sicherheit, die Anlass gibt zu einem narzisstischen und autoritären Elitebewusstsein, wo man, anstatt die anderen zu evangelisieren, sie analysiert und bewertet und, anstatt den Zugang zur Gnade zu erleichtern, die Energien im Kontrollieren verbraucht.“

Nr. 104: „Die Gleichgestaltung des Priesters mit Christus, dem Haupt – das heißt als Hauptquelle der Gnade – schließt nicht eine Erhebung ein, die ihn an die Spitze alles Übrigen setzt.“

Nr. 112: „Durch ihr evangelisierendes Tun arbeitet sie [die Kirche] mit als Werkzeug der göttlichen Gnade, die unaufhörlich und jenseits jeder möglichen Kontrolle wirkt.“

Nr. 117 (nachdem in Nr. 115 („Die Gnade setzt die Kultur voraus“) und 116 („unzählige Völker haben die Gnade des Glaubens empfangen“) die Gnade angesprochen wird): „Die Botschaft, die wir verkünden, weist immer irgendeine kulturelle Einkleidung vor, doch manchmal verfallen wir in der Kirche der selbstgefälligen Sakralisierung der eigenen Kultur, und damit können wir mehr Fanatismus als echten Missionseifer erkennen lassen.“

Nr. 124 (über die Volksfrömmigkeit) „Tun wir dieser missionarischen Kraft keinen Zwang an und maßen wir uns nicht an, sie zu kontrollieren!“

Nr. 138 (über die Homilie) „Das erfordert, dass das Wort des Predigers nicht einen übertriebenen Raum einnimmt, damit der Herr mehr erstrahlt als der Diener.“

Ausnahme:

Nr. 188: „Die Kirche hat erkannt, dass die Forderung, auf diesen Ruf zu hören, aus der Befreiung selbst folgt, die die Gnade in jedem von uns wirkt“, woraus als Aufgabe der Kirche „Mitarbeit, um die strukturellen Ursachen der Armut zu beheben und die ganzheitliche Entwicklung der Armen zu fördern“, also wohl politische Tätigkeit(?) gefolgert wird




Samstag, 18. Oktober 2014

Gewalt-Konvention und Wirklichkeit

Am ersten August trat von mir weitgehend unbemerkt das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ in Kraft, das ich auch weiter ignoriert hätte, würden nicht die polnischen Bischöfe ihrer Regierung von einer Ratifikation abgeraten haben, was mich zunächst wunderte, weil die Bischöfe doch eigentlich gar keine Frauen haben sollten, gegen die sie häusliche Gewalt ausüben können – was stört sie also das Übereinkommen?

Letztlich schwer zu sagen, weil ich beim Blick in die Übereinkunft schon in der Präambel stecken geblieben bin.

Unter den Gründen, die die Notwendigkeit der Übereinkunft belegen, wird als „ein Haupthindernis für das Erreichen der Gleichstellung von Frauen und Männern“ die „häufig schweren Formen von Gewalt wie“ Zwangsverheiratung, Ehrenmorde und Genitalverstümmelung genannt.

Mensch, wird da ein aufmerksamer auswärtiger Beobachter sagen, in Europa haben die ja schlimme Zustände. Kein Wunder, dass die dort Frauenquoten für Aufsichtsräte brauchen.

Naja, okay erstmal. Schauen wir kurz mal auf den nächsten Punkt der Präambel. Da wird die „Erkenntnis, dass Frauen und Mädchen einer größeren Gefahr von geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind als Männer“ aus der Vergewaltigungen bei bewaffneten Konflikten abgeleitet.

Männer werden erschossen, das ist bei Kriegen aber üblich und keine geschlechtsspezifische Gewalt. Da hat die Präambel aber mal total Recht. Das Problem würde also gelöst, wenn Frauen auch erschossen würden. – Hm, schon an dieser Stelle fange ich an zu verstehen, warum die polnischen Bischöfe ein Unbehagen haben. Ein vernünftiger Mensch würde denken, Gewalt sei allgemein schlecht. Die Übereinkunftsverfasserinnen scheinen eher die Diskriminierung, dass Frauen vergewaltigt und nicht erschossen werden, als Problem zu sehen.

Was werden also für Lösungen angeboten?
Artikel 3c: „Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Begriff 'Geschlecht' die gesellschaftlich geprägten Rollen, Verhaltensweisen, Tätigkeiten und Merkmale, die eine bestimmte Gesellschaft als für Frauen und Männer angemessen ansieht“
Artikel 6: „Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Geschlechterperspektive in die Durchführung und in die Bewertung der Auswirkungen dieses Übereinkommens einzubeziehen“
Artikel 12: „Die Vertragsparteien treffen die erforderlichen Maßnahmen, um Veränderungen von sozialen und kulturellen Verhaltensmustern von Frauen und Männern mit dem Ziel zu bewirken, Vorurteile, Bräuche, Traditionen und alle sonstigen Vorgehensweisen, die auf der Vorstellung der Unterlegenheit der Frau oder auf Rollenzuweisungen für Frauen und Männer beruhen, zu beseitigen.“
Hm, alle Traditionen, die auf Rollenzuweisungen für Frauen und Männer beruhen, beseitigen. Heiraten kann damit nicht gemeint sein, denn das kann man ja mittlerweile auch seinen Hund. Im Lichte von Art. 3c fürchte ich fast, es wird erst Ruhe geben, wenn eine Männerquote für Geburten durchgesetzt ist.



Freitag, 17. Oktober 2014

Marx bei der Synodenpressekonferenz

Das Dilemma, mit dem die Synode in den letzten zwei Wochen gerungen habe, sei, berichtet Radio Vatican,  wie man die Lehre der Kirche mit den drängenden pastoralen Sorgen ihrer Führer zusammenbringe.

Ein Licht auf seine „drängenden pastoralen Sorgen“ wirft der Beitrag von Kardinal Marx:

Viele „engagierte Katholiken“ fragten, wie die Kirche offener für wiederverheiratete Geschiedene und Personen in homosexuellen Beziehungen werden könne.
Daher weht der Wind!
Die ganze Zeit frage ich mich schon, in welchen Kirchen die Schlangen von kommunionhungrigen Gläubigen, die wegen ihrer irregulären Situation nicht zugelassen werden, endlich auf pastorale Lösungen warten – weil in denen, wo ich je war, mir solche nie aufgefallen waren.
Ich hab einfach an der falschen Stelle gesucht – nicht in der Messe sitzen die, sondern in den Gremien, und bangen um ihre Pöstchen, wenn mal jemand käme und die Kirchendisziplin ernst nähme.

Die Kirche, so Marx weiter, müsse weg von ihrer „Schwarz/Weiß … alles oder nichts“ Terminologie.
Hm, ziemlich alles können die Irregulären bekommen, außer Beichte/Kommunion (komisch, dass immer nur von der Kommunion die Rede ist, und nie von der Forderung der Zulassung zur Beichte – aber das ist möglicherweise sowieso nur ein Nebenschauplatz) uuuund – Pöstchen in Gremien. Es ist also im wirklichen Leben eben überhaupt nicht alles oder nichts, sondern alles und alles-außer-Pöstchen. Da müsste sich der Kardinal mal etwas genauer ausdrücken, dächte ich.

Wenn – wie mir nun scheint – des Kardinals „drängende pastorale Sorge“ gar nicht das Seelenheil seiner Schäfchen ist, sondern der Druck von „engagierten Katholiken“, die um ihre Pöstchen bangen – denke ich fast, man könnte mehrere Probleme auf einmal lösen, wenn man diesen ganzen Gremienkatholizismus insgesamt abschaffte.

Noch mehr MurMarx: Der Papst wünsche Beiträge, welche die Kirche voranbringen, neue Türen öffnen und neue Möglichkeiten, das Evangelium heute zu Männern und Frauen zu bringen. Der Papst habe die Väter nicht zu zwei Synoden eingeladen, um sie dasselbe wie immer sagen zu hören.

Doppeldonner! Wenn die neuen Wege voraussetzen, dass man zunächst mal die letzten zweitausend Jahre vergisst – welches Evangelium genau möchte man diesen „Männern und Frauen“ dann bringen? Und warum schließt Marx die Kinder und diejenigen, die immer nicht wissen, welche Toilettentür sie benutzen sollen, von der Evangeliumsweitergabe aus? Und warum wiederholt er nochmal sein stereotypes Popanz-Mantra von der Alles-oder-Nichts-Exklusivität, wenn er doch weiß, dass der Papst nicht „dasselbe wie immer“ hören will?

Die Jungens können es einfach nicht gut sein lassen *kopfschüttel*



Noch nett zu ergänzen ist, dass die „drängende pastorale Sorge“ seines Kollegen Pontier aus Marseille ist, wie er den Hunderttausenden, die in den letzten Monaten in Frankreich für die Familie demonstriert haben, „helfen kann, die Wahrheit in der Perspektive der anderen zu erkennen“.

Das wird echt leichter fallen, wenn erstmal das Evangelium gründlich vergessen wurde.

Synoden-Psalm

Zum Synodalen spricht Gott: „Was zählst du meine Pädagogik auf und nimmst meinen Namen in deinen Mund? Dabei ist Zucht dir verhasst, meine Worte wirfst du hinter dich. Siehst du einen Dieb, so läufst du mit, du machst dich mit Ehebrechern gemein. Dein Mund redet böse Worte und deine Zunge stiftet Betrug an. Das hast du getan und ich soll schweigen? Meinst du, ich bin wie du? Ich halte es dir vor Augen und rüge dich. Begreift es doch, ihr, die ihr Gott vergesst!
Nicht mein Feind beschimpft mich, das würde ich ertragen; nicht ein Mann, der mich hasst, tritt frech gegen mich auf, vor ihm könnte ich mich verbergen. Nein, du bist es, ein Mensch aus meiner Umgebung, mein Freund, mein Vertrauter, mit dem ich, in Freundschaft verbunden, zum Haus Gottes gepilgert bin inmitten der Menge. Glatt wie Butter sind seine Reden, doch in seinem Herzen sinnt er auf Streit; seine Worte sind linder als Öl und sind doch gezückte Schwerter.“

„Verbirg dein Gesicht vor meinen Sünden, tilge all meine Frevel! Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist! Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir! Mach mich wieder froh mit deinem Heil mit einem willigen Geist rüste mich aus! Dann lehre ich Abtrünnige deine Wege und die Sünder kehren um zu dir."

(Ps 50,16-19.20-22a.; 52, 4-6; 55, 13-15; Ps 51, 11-15)






Die Beiträge der spanischen Sprachzirkel

Die Beiträge der Sprachzirkel sind im Vorgehen und ihrer Ausführlichkeit sehr unterschiedlich.

Hier erstmal der Inhalt der spanischen Gruppe, so wie ich es verstanden habe.

Kreis Spanisch A:

Im Synodenpapier sollte zuerst ein Gruß an alle christlichen Familien, die mit Treue, Liebe und Aufopferung das Evangelium von der Familie leben und Zeugen Christi für die ganze Gesellschaft sind, stehen.

Auch sollten Pfarreien und Laienbewegungen in ihrer Arbeit mit und für Familien ermutigt werden, um das Evangelium der Familie zu fördern.

Dann wird die Relatio post disceptationem Punkt für Punkt durchgegangen und einzelne Formulierungsänderungen vorgeschlagen.

Es sollte neben dem gesellschaftlichen Faktoren auch die Glaubenkrise als Grund für Schwierigkeiten der Familien genannt werden, die zu Zusammenleben auf Probe, Scheidungen und steigender Abtreibungspraxis führt. Einsamkeit, Zerbrechlichkeit von Beziehungen und die Schwierigkeiten, Lebens- und Liebesgemeinschaften einzugehen „ist in erster Linie das Ergebnis der Abwesenheit Gottes“.

Unter den gesellschaftlichen Faktoren sollte die Reduktion der Partner auf einen wirtschaftlichen Faktor, der zum starken Rückgang der Geburtenrate, welche die Beziehung zwischen den Generationen beeinträchtigt, genannt werden.

Weitere zu nennende Problemlagen: Genitalverstümmelung, Zwangsprostitution, die Lage von Straßenkindern, um die sich die Regierungen mehr kümmern sollten, und körperlicher und virtueller Kindesmissbrauch.

Zur Gradualität: man sollte statt vom „Samen des Wortes“ in allen Kulturen lieber von der verborgenen Gegenwart sprechen, die ein Keim ist und durch den Geist leben und in den Familien wachsen kann. So sollten Personen in irregulären Beziehungen ermahnt werden, den Ruf Gottes zur Fülle der Gemeinschaft und der göttlichen Gnade zu hören.

Es sollte der Hl. Augustinus zitiert werden, dass „die größte Barmherzigkeit ist, die Wahrheit mit Liebe zu sagen“, was über bloßes Mitgefühl hinausgeht. Barmherzige Liebe zieht an und bindet, verwandelt und erhöht, lädt ein zur Umkehr.

Es sollten politische und gesetzliche Faktoren, die das Familienleben zerstören können, benannt werden.

Es sollte im Dokument eingefügt werden: „Damit die Wirklichkeit, die im Sakrament ausgedrückt ist, von den Brautleuten angenommen und gelebt werden kann, müssen sie es mit klaren und festen Glauben feiern, mit der Bereitschaft zu akzeptieren, was die Kirche im Sakrament anbietet. Dieser Glaube von Braut und Bräutigam muss von Wort Gottes und der Eucharistie genährt werden.“

In der Bildung müssen die Tugenden der Keuschheit und Reinheit als absolut wesentlich für das Wachstum echter zwischenmenschlicher Beziehung betont werden.

Für verletzte Familien bietet die Kirche Hilfe und Unterstützung. Die Pastoral der Liebe und Barmherzigkeit führt zu einer wirklichen Wiederherstellung von Mensch und Beziehung. Die Erfahrung zeigt, dass mit der richtigen Hilfe und der heilenden Wirkung der Gnade ein hoher Anteil von Ehekrisen zufriedenstellend gelöst wird.

Natürlich ist dazu die Fähigkeit zu vergeben wichtig. Lernen zu vergeben ist eine grundlegende Lebenserfahrung in der Familie. Das ist manchmal schwierig, aber wird die Vergebung Gottes erfahren hat, hat die Kraft zu echter Vergebung.

Über Geschiedene sollte gesagt werden, dass viele nicht erneut heiraten sonden „heldenhafte Zeugen der Unauflöslichkeit und Treue“ sind.

Über Homosexuelle solle man nicht so reden, als ob die Homosexualität ein Teil des ontologischen Wesens sein, sondern von „Menschen mit homosexuellen Neigungen“. Diese müssen Orientierung und Unterstützung erfahren, damit sie im Glauben wachsen und Gottes Plan für sie erkennen.

Über Kinder wird angemerkt, dass sie kein Hindernis für die eheliche Liebe sind, sondern ihre natürliche Frucht, genauer fleischgewordene Liebe.

In pastoralen Bildungswegen sollte die Sexualität als Ausdruck der Liebe, der tiefsten Akezptanz und voller Selbsthingabe gelehrt werden, die ihre Reife im Eheband erweist. Dies wird durch die Integration der emotionalen körperlichen Dimension mit der spirituellen Dimension von Vernunft und Willen erreicht. Der richtige Zeitpunkt ist gekommen, wenn die treue Liebe und der tiefe Respekt so gewachsen ist, dass der „Genuss der Gemeinschaft“ durch die Annahme der Gabe eines Kindes als Geschenk Gottes vorbereitet ist.

Dabei könnten Familien als Teil der einladenden Gemeinde bei der Ausbildung helfen.

Marias Mutterschaft sei ein geeigneter Ausgangspunkt, um das Ideal der christlichen Familie zu erklären.

Es sollte deutlich gemacht werden, dass das Thema der nächsten Synode „Berufung und Sendung der Familie in der Kirche“ ist.


Kreis Spanisch B:

Fand die Relatio post disceptationem gut, ein nützliches Arbeitsmittel.

Sehen die Notwendigkeit, bis zur nächsten Synode in Expertenkommissionen konkrete Vorschläge, z.B. bezüglich einer möglichen Zulassung von zivil wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion, erarbeiten zu lassen.

Bringen noch weitere Themen, die ebenfalls vor der nächsten Synode durch Anfragen an die Teilkirchen bearbeitet werden sollten, an, wie Abtreibung, Sterbehilfe, Adoptionen, Gewissensentscheidungen der Eheleute.

Die Relatio post disceptationem betont nicht ausreichend die positiven Seiten des Evangeliums von der Familie; liegt aber auf der Linie des Synodenanliegens, besonders die Schattenseiten in der Welt von heute in den pastoralen Blick zu nehmen. Aber trotzdem sollten grundlegende Elemente der Lehre (da gebe es ja eine „riesige Fülle“ von Paul VI., Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus, die „neue Aufmerksamkeit erfordern) in das Dokument aufgenommen werden, um Spaltungen oder „parallele Magisterien“ zu vermeiden.

Textvorschläge seien eingereicht worden besonders zu den Gesichtspunkten:
- Betonung der positiven Seiten der Familie und die Bedeutung der Ehe
- Bestätigung der Lehre über Ehe und Familie
- Förderung der Familienpastoral in der gegenwärtigen Situation
- Erwartung der Synode, Orientierung für „neue Ehesituationen“ zu geben.


Donnerstag, 16. Oktober 2014

Synode: Wo bleibt Gott?

Tagesgebet:
Verborgener Gott.
Du lässt uns Menschen gewähren,
du wartest und greifst nicht ein.
Du gibst uns Zeit,
du öffnest uns Wege,
du redest zu uns in Langmut und Liebe.
Wir danken dir für deine Geduld.

Bring uns heute zur Besinnung.
Mach uns offen für dich.

Lass die ganze verlorene Menschheit hinfinden zu dir.

NY-Erzbischof Kardinal Dolan: Kasper im falschen Film



Unter der deutschen Übersetzung des jüngsten peinlichen Kasper-Interviews ist ein Link zu einem Video mit dem New Yorker Erzbischof Kardinal Dolan, der irgendwie bei einer anderen Synode gewesen zu sein scheint als Kasper, denn er sagt:

Die afrikanischen Bischöfe haben eine Frische und eine – das ist vielleicht ein seltsames Wort – eine Unschuld, wenn es um den biblischen Glauben geht.
Wenn ich Unschuld sage, meine ich – das sind Leute wie Erzbischof [Ignatius] Kaigama von Jos, 186 seiner Kirchen wurden von Boko Haram abgebrannt – wir reden also nicht über irgendeinen Kerl im Elfenbeinturm. Wir reden von einem Bischof, der wortwörtlich das Blut seines Volkes aufgewischt und die Wunden verbunden hat.
Wenn er aber spricht, sieht man: Hier ist es! Man meint einen Polycarp zu hören, einen Ignatius von Antiochia, nicht bloß den Ignatius von Jos. Und das – das zeigt, wie jung sie sind. Die Kirche in Afrika steht, wo die zweite, dritte Generation der Christen war.
Sie sprechen mit Heldenmut und Überzeugung und wir übrigen sitzen da und hören aufmerksam zu.
Wir – die Kirche in Europa, in Nord-Amerika – leiden gelegentlich an einer Art Schläfrigkeit. Nicht so in Afrika! „And boy, oh boy!“ Können sie vielleicht sprechen und uns irgendwie zurückrufen zu den Wurzeln von Gottes Offenbarung?! Und sie schrecken nicht davor zurück, es zu tun! Sie haben keine Angst davor, uns zu einer Gewissenserforschung zu führen.
Einer der afrikanischen Bischöfe sprach heute: „Passt auf, ihr im Westen! Was bringt ihr uns? Militärische Waffen? Empfängnisverhütung? Abtreibung? Das brauchen wir nicht. Das wollen wir nicht. Das ist Kultur-Imperialismus.“
Und wenn sie mit solchem Nachdruck sprechen, „wow!“ Wir übrigen - man kann die Aula sehen, wie sie sich umdreht, guckt und zuhört. Ich jedenfalls fand viel Inspiration.
Die Bischöfe aus Afrika sind prophetisch, wenn sie uns erinnern, dass die Aufgabe der Kirche ist, die Kultur umzuwandeln, nicht durch die Kultur umgewandelt zu werden. Sie sind umwerfend darin. Und wenn man auf die Kirche in ihren Ländern guckt, sieht man, dass es dort getan wird. Ich finde das sehr bewegend.
Ich fürchte, manchmal möchten wir im Westen sagen: „Ich schätze, wir müssen die Dinge verdünnen; ich schätze, wir müssen aufgeben, dass ist offensichtlich, wenn die Lehre nicht zurückgewiesen werden soll und OMG wir sind nicht beliebt“. Dann sagen die Afrikaner: „Wisst ihr, was wir eigentlich sollten?! Eigentlich sollten wir die Wahrheit anbieten und die Leute durch Liebe einladen, sich unserem Leben anzuschließen und diese Wahrheit zu umarmen. Und glaubt es uns, Brüder, es funktioniert. Wir wissen aus der Geschichte der Kirche, dass es funktioniert; wir wissen aus der Gegenwart der Kirche, dass es funktioniert.“
Wir schauen auf die Völker in Afrika.

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Schönborn: Schwule irgendwie schon menschenähnlich

Aus einem Bericht über ein Interview, dass der Wiener Erzbischof gegeben hat:
Er selbst, so der Kardinal, kenne in Wien ein (!) Homo-Paar, das in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebe. Als einer der beiden Schwulen krank wurde, sei der andere „nicht von seiner Seite gewichen“. Schönborn wörtlich: „Es war wunderbar, menschlich und christlich, wie der eine sich um den anderen gekümmert hat“.
Dieses „vorbildlich menschliche Verhalten muß man anerkennen“, empörte sich der Kardinal gegen jene, die grundsätzliche Bedenken gegen Homosexualität und deren Hoffieren anmelden.
Alter! Da staunt der Kardinal, dass man sich um einen Kranken kümmern kann, obwohl man mit ihm nicht sakramental verheiratet ist. Als ob die Krankenpflege eine christliche Errungenschaft sei, auf die vorher kein Mensch gekommen ist. Keine Ahnung, was er erwartet hatte, wie Homosexuelle sonst mit ihren kranken Partnern umgehen – dass sie wie die Raubtiere den Rudelführer zerfleischen, sobald der Schwächen zeigt?

Okay, wenn die Synoden-Relatio lediglich diesen Hintergrund hat, dass einige Synodenväter ihre grundsätzliche Weltfremdheit überwunden haben und darob gleich in Jubelgesänge ausbrechen – ein Ding. Die Schlussfolgerung aber, dass sich jeder, der mit Messer und Gabel essen kann, sich schon halb für ein Kanonisationsverfahren qualifiziert – zeigt aber m.E. nur, dass sich ein Teil des progressiven Episkopats noch immer ziemlich hinter einigen Monden freischwimmt.

Weiter:
Wenn Bischöfe und Priester sie nicht segnen könnten, dann sollten sie sich zumindest vor dem „vorbildlichen menschlichen Verhalten Homosexueller verneigen“, so der ÖBK-Vorsitzende. „Diese Dinge muss man anerkennen“, fügte er hinzu und wandte sich gegen eine Verurteilung Homosexueller. Jesus habe den Menschen gesagt, auch Zöllner und Prostituierte kämen ins Himmelreich, eine Botschaft, die auch Bischöfe und Priester nicht vergessen sollten.
1) a) Die Schlussfolgerung von einem Einzelfall auf die Allgemeinheit ist im Allgemeinen (d.h. ohne nähere Begründung) falsch. b) Wenn ich mich jedesmal verneigen müsste, wenn ich jemanden treffe, der sich um ein Kranken, mit dem er zusammen wohnt, kümmern würde, wenn es nötig ist, bekäme ich Rückenschmerzen. Ehrlich gesagt fällt mir jetzt gerade überhaupt niemand ein, der das nicht täte. Das ist also keinesfalls "vorbildliches menschliches Verhalten", sondern eigentlich höchstens das, ohne welches man sub omne canone landete. c) Niemand (der den KKK ernst nimmt) verurteilt Homosexuelle. Kein vernünftiger Mensch (wozu ich Herrn Schönborn jetzt wohl nicht rechnen kann) ist erstaunt, dass Homosexuelle Menschen sind. Katholiken (also im herkömmlichen Sinne) wissen aber auch, dass homosexuelle Aktivitäten sündhaft sind. Falsches Zeugnis gegen seinen Nächsten geben übrigens auch, wie man Herrn Schönborn vielleicht gelegentlich erinnern sollte.

2) Man muss dem Kardinal wiedersprechen. „Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr“ (Mt 21,31b) ist eine bedingte Aussage, die Bedingung ist „Dieser antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn und er ging doch.“ (Mt 21,30).

Der Sünder kommt nicht deshalb in den Himmel, weil er Gottes Gebot ablehnt. Auch nicht, wenn er ansonsten menschenähnliche Züge aufweist. Jedem aber, der seine Sünde erkennt, bereut und dann den Willen Gottes tut, ist Gottes Barmherzigkeit zugesagt.

Da man, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, zwei Bibelverse im Zusammenhang lesen und ihre logische Verknüpfung erkennen können muss, was offensichtlich dem Herrn Schönborn irgendwie ein Stück weit sozusagen – also jedenfalls: Immer mehr festigt sich in mir der Eindruck, dass Kardinal Müller mit den „vielen unserer Zeitgenossen“, die „Schwierigkeiten, logisch zu überlegen und lange Texte zu lesen“ haben, nicht unbedingt den Feld-, Wald- und Wiesengläubigen gemeint hat.

Synode: Frauenquote für Papstamt beschlossen


Die Synode hat in ihrem Bemühen, der Familie einen Platz in der Kirche zu geben, beschlossen, dass ab sofort der Papst zu mindestens 30% Frau sein müsse.

Phatasielose reaktionäre Fundamentalisten wiederholten nur ihre stereotype Beteuerung von der Unteilbarkeit der Person, die ein doktrinelles Hinderniss für eine derartige Praxis darstellten.

Gemäßige Prälaten räumten ein, dass es durchaus Spannungen zwischen denjenigen Synodenteilnehmern, die die Lehre ins Zentrum stellen und denen, die vom Leben der Menschen ausgehen, gebe.

Es sei aber nicht klug, nur an jeweils einzige Lösungen zu denken oder sich von einer Logik des Alles oder Nichts inspirieren zu lassen.

Transsexuelle haben der christlichen Gemeinschaft Gaben und Qualitäten zu bieten: Sind wir fähig, diese Menschen zu begrüßen und ihnen einen Platz in unseren Gemeinden zu bereiten?


Freut sich schon


Montag, 13. Oktober 2014

Zweigeteilt

Der Zwischenbericht der Synode ist mir etwas schwer verdaulich, weil er gelegentlich im gleichen Abschnitt zwei einander logisch entgegengesetzte Aussagen enthält. Auch ist ein Verweis auf Familiaris Consortio Nr. 34 enthalten, woraufhin genau das Gegenteil vom dem, was ich dort entnehme, behauptet wird. Das muss ich wohl nochmal alles genauer lesen.

Einfacher ist es mit der Zusammenfassung von Pater Hagenkord. Die Aussage wird dort dadurch geschärft, dass jeweils von den beiden in den Absätzen enthaltenen gegensätzlichen Aussagen eine genommen wird. Besonders umstrittene Aussagen werden in der Zusammenfassung fettgedruckt.
Ein Gejammer über Mainstream-Medien-Berichtverzerrung wird völlig entbehrlich, wenn im Zentrum der kirchlichen Berichterstattung solche AgitatJournalisten sitzen.

Sonntag, 12. Oktober 2014

Schock und Psalm am Morgen

Die beiden bisherigen Ereignisse dieses Morgens:

1.
Nachdem anscheinend in mehreren Sprachgruppen Anhänger der Jesus-Fraktion zu Moderatoren und Relatoren gewählt wurden, schlägt das Imperium zurück:
Nun, was war des Papstes Antwort auf diese überraschenden Wahlen?
Er ernannte persönlich ad hoc und ohne vorherige Ankündigung auf der Synode sechs weitere Prälaten für die Zusammenstellung des Synodenberichts, alle als extrem liberal bekannt. …
Also, der Papst wünscht eine umfassende und freie Aussprache und freie Überlegungen – außer wenn er’s nicht will. Und wenn die geheime Abstimmung eine konservative Mehrheit offenbart – dann greift er gegen das vom ihm vorher Geregelte ein um zu bekommen, was er will. Das ist natürlich sein Vorrecht, selbst wenn es seinen eigenen Worten und Zusagen widerspricht, und letztendlich seiner Vertrauenswürdigkeit – aber es ist unmöglich, sich nicht an Bertold Brechts berühmtes Gedicht Die Lösung zu erinnern:
Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?

2.
Die gestrige Lektüre wurde an der Stelle ihrer Unterbrechung wieder aufgenommen. Und ich kam zu lesen:
Errege dich nicht über die Bösen, wegen der Übeltäter ereifere dich nicht!
Denn sie verwelken schnell wie das Gras, wie grünes Kraut verdorren sie. ...
Sei still vor dem Herrn und harre auf ihn! Erhitze dich nicht über den Mann, dem alles gelingt, den Mann, der auf Ränke sinnt.
Steh ab vom Zorn und lass den Grimm; erhitze dich nicht, es führt nur zu Bösem.
Denn die Bösen werden ausgetilgt; die aber auf den Herrn hoffen, werden das Land besitzen.
Eine Weile noch und der Frevler ist nicht mehr da; schaust du nach seiner Wohnung - sie ist nicht mehr zu finden.
Ein Schelm, wer da irgendeinen Zusammenhang sieht.

Samstag, 11. Oktober 2014

Jedesmal :-((

Jedesmal, wenn ich versuche, mich mit dem gegenwärtigen Papst anzufreunden, passiert sowas:

Der Spiegel schreibt:
Ganz offen ließ der Papst über seinen langjährigen engen Mitarbeiter, den heutigen Rektor der Katholischen Universität in Argentinien, Victor Manuel Fernàndez, verbreiten, wie er sich die Kirchenmänner nicht vorstellt: "Dem Papst gefallen keine Priester, die teure Ferien und Essen in Spitzenrestaurants lieben", sagte der in Interviews, "die Gold- und Silberschmuck zur Schau stellen und Umgang mit mächtigen Personen pflegen."
Einen Moment später verlinkt Martina auf einen Beitrag, in welchem sie geschrieben hatte:
Für das Essen (viergängiges Mittagessen mit des Papstes Freunden (fast alles Leiter nationaler oder internationaler jüdischer Organisationen)) wurde die Küche von St. Martha einen Tag vorher aufwändig so "rituell desinfiziert“, was ein darauf spezialisierter Rabbi überwachte, dass auch Juden dort koscher essen konnten.
Nun gönne ich jedem sein Mittagessen und seine Freunde, kann aber nicht umhin zu bemerken, dass jemand, der statt protzig im päpstlichen Appartement das von seinen Haushälterinnen Gekochte zu schmausen lieber bescheiden die Küche eines Luxushotels requiriert, entweder mit „Priester“ nicht sich selbst meint oder einen starken Unterschied zwischen Selbst- und Fremdbild provoziert.

Ergebnissicherung des Dialogs

Beim Nachdenken über aktuelle Perikopen nahm ich Hilfe in Anspruch; da heißt es (mit vielen Auslassungen zitiert):
Wie auch in anderen Fällen ist das “Streitgespräch” kein wirklicher Dialog: Jesus, der “ihre Gedanken sah”, antwortet mit einem Monolog. Das ganze Szenario legt immerhin nahe, dass beide Äußerungen (Unterstellung und Forderung) in der Menge vernommen und diskutiert werden.
Sein Monolog besteht im Kern aus zwei Gleichnissen (V. 17 und V. 21-22), die mit dem Bildfeld innenpolitischer Konflikte bzw. mit der Sicherung von Besitz spielen. Die Dämonen pfuschen einander nicht ins Handwerk, wohl wissend, dass sie sich damit nur selbst schaden würden; um dämonische Mächte zu besiegen, bedarf es einer stärkeren Macht als nur ihresgleichen.

Der folgende Abschnitt (V. 24-26) liefert eine Art Ergebnissicherung nach. Denn die Befreiung, die allein durch Gottes Macht erfolgen kann, bleibt stets der Gefahr eines Rückfalls ausgesetzt.
Zu ihrem endgültigen Abschluss gelangt diese große Einheit jedoch erst in 11,27-28: Den kritischen Tönen wird jetzt eine positive Stimme entgegengestellt. [Jesus] bestätigt diese Worte auch, modifiziert sie jedoch sofort, indem er sie weitergibt: “Selig sind diejenigen, die Gottes Wort hören und bewahren.”
Ich kann nicht umhin, hier eine Nutzanwendung auf „die bereits mehrfach diese Woche angeführten Positionen, die Vatikansprecher Federico Lombardi heute Mittag so zusammenfasste: Einerseits gibt es die Treue zu Jesu Worten ohne Kompromisse, andererseits die Treue zu Jesu Worte mit einer differenzierenden Unterscheidung („discernimento“)“ zu sehen, bzw. einen ziemlichen Gegensatz der Pädagogik Jesu zu der letztgenannten Position, die im hiesigen Liturgiekreis einmal mit meiner Nummer eins auf der ewigen Shitlist (noch vor „Ich habe diese Stelle ausgesucht und ich sage, was sie bedeutet“) zusammengefasst wurde: „Was Jesus da sagt, passt nicht zu meinem Leben. Da muss er sich geirrt haben.“ widergegeben wurde.

Helft mit beim Streit mit den „sieben andere Geister, die noch schlimmer sind“, die jene bedrohen, die Gottes Wort nicht bewahren wollen.

Freitag, 10. Oktober 2014

Kollegin beim Arzt

Als eine Kollegin mit Kniebeschwerden zum Orthopäden gegangen war, fühlte sie sich anschließend wenig erbaut, trotzdem der ihr gesagt hatte, sie sei gesund - aber halt alt. Sie musste zwar einsehen, dass sie schon dreißig war, aber ihr Knie tat ihr trotz des ärztlichen Schulterklopfens immer noch weh.

Genausowenig – denke ich mir – hilft es pastoral schwierigen Fällen, die einen Priester aufsuchen, wenn er ihnen sagte, die Zeiten seien halt so und alle Menschen irgendwo kleine Sünderlein.

Ein bisschen erinneren mich die mich großer Verve vorgetragenen „Lösungen“ an „Das Leben des Brian“: „Setz dich, nimm dir 'nen Keks …“

Gleichgültigkeit ist keine Pastoral, und Schulterklopfen in der Regel kein Heilmittel.

In Lk 10,30ff werden nicht Levit und Priester mit ihren „Passt schon“- und „Weiter so“-Tagesgeschäft gelobt, sondern der, der die Wunden des unter die Räuber Gefallenen desinfiziert.

„Jauchzen will ich und fröhlich sein durch deine barmherzige Liebe: dass du siehst mein Elend und dich kümmerst um die Bedrängnis meiner Seele – nicht ließest du mich in der Hand meiner Feinde, sondern stelltest ins Weite meine Füße“ (Ps 31,8-9)


Nur für Vollkommene?

Manchen Fragen kann man sich mit unterschiedlicher Sachlichkeit nähern, wie z.B. in diesem Video Bischof Koch ab 3:00 und Bischof Bode ab 4:30 demonstrieren.

Koch:
Der Grundstreit ist die Frage, ob die Eucharistie ein Mahl auch ist für die Gebrochenen, die sogar in sakramentalen Bruch stehen und etwas mit Vergebung/Versöhnung zu tun hat, oder ob sie vor allen Dingen ein Zeichen oder Ausdruck ist der Gemeinschaft derer, die ganz zu Christus gehören und diese Brüche nicht haben.
Bode formuliert weniger als Frage denn als Warnung vor der Fortführung der bisherigen Praxis:
Dann würden wir die Kommunion zu einer Belohnung für die Vollkommenen machen und nicht mehr zu einem Heilmittel für diejenigen, die auch Hilfe und Heilung brauchen.
Eines der Ärgernisse, über die ich nicht hinwegkomme, ist die geringe geistige Trennschärfe, mit der von gewisser Seite ein Popanz („Belohnung für die Vollkommenen“) aufgebaut wird, der mit der Lehre der Kirche nichts zu tun hat, und wie dann durch Gegenüberstellung ein Gegensatz konstruiert wird, der einer Auflösung bedürfe. Ich zweifle dann, ob die Lehre nicht besser bekannt ist, nicht verstanden wird, oder ob wider besseres Wissen Politik gemacht wird.

Natürlich ist die Eucharistie keine „Belohnung für Vollkommene“, schon allein deshalb, weil es davon wenig gibt. Natürlich ist sie ein Heilmittel – und die Wirkungsweise des Heilmittels ist (Vorsicht Unworte!):
Die tägliche Umkehr und Buße finden ihre Quelle und Nahrung in der Eucharistie, denn in ihr wird das Opfer Christi gegenwärtig, das uns mit Gott versöhnt hat. Durch sie wird genährt und gestärkt, wer aus dem Leben Christi lebt. Sie ist das „Gegenmittel, durch das wir von der täglichen Schuld befreit und vor Todsünden bewahrt werden sollen“. (KKK 1436)
Das Heilmittel ist nötig, denn
Das Streben nach Umkehr ist nicht nur eine Tat des Menschen. Sie ist die Regung eines„zerknirschten... Herzens“, das durch die Gnade dazu gebracht und bewegt wird, der barmherzigen Liebe Gottes, der uns zuerst geliebt hat, zu entsprechen. (KKK 1428)
Die Umkehr ist zunächst Werk der Gnade Gottes, der unsere Herzen zu sich heimkehren läßt: „Kehre uns, Herr, dir zu, dann können wir uns zu dir bekehren“ (Klgl 5,21). Gott gibt uns die Kraft zu einem Neubeginn. Wenn unser Herz die Größe und Liebe Gottes entdeckt, wird es von Abscheu vor der Sünde und von ihrer Last erschüttert. Es beginnt davor zurück zu schrecken, Gott durch die Sünde zu beleidigen und so von ihm getrennt zu werden. Das Menschenherz bekehrt sich, wenn es auf den schaut, den unsere Sünden durchbohrt haben. (KKK 1432)
Das Ergebnis des Heilmittels aber ist:
Innere Buße ist radikale Neuausrichtung des ganzen Lebens, Rückkehr, Umkehr zu Gott aus ganzem Herzen, Verzicht auf Sünde, Abwendung vom Bösen, verbunden mit einer Abneigung gegen die bösen Taten, die wir begangen haben. Gleichzeitig bringt sie das Verlangen und den Entschluß mit sich, das Leben zu ändern, sowie die Hoffnung auf das göttliche Erbarmen und das Vertrauen auf seine Gnadenhilfe. (KKK1431)
Jetzt sieht aber die „Gesundheit“, die das Heilmittel bringt, genau wie das aus, was jene gemeinten „Gebrochenen“ „die Hilfe und Heilung brauchen“ eben nicht möchten.

Während die zur Heilung „der täglichen Sünden“ nötige Buße durch das Heilmittel gestärkt wird, ist das Heilmittel in anderen Fällen nicht induziert:
Um dieser Einladung [der dringlichen Einladung des Herrn, ihn im Sakrament der Eucharistie zu empfangen] zu entsprechen, müssen wir uns auf diesen so hohen, so heiligen Moment vorbereiten. Der heilige Paulus fordert zu einer Gewissenserforschung auf: „Wer unwürdig von dem Brot ißt und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon ißt und trinkt, ohne zu bedenken, daß es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er ißt und trinkt“ (1 Kor11, 27–29). Wer sich einer schweren Sünde bewußt ist, muß das Sakrament der Buße empfangen, bevor er die Kommunion empfängt. (KKK 1385)
Hier ist also zunächst das schon zitierte Heilmittel anzuwenden:
Das Menschenherz bekehrt sich, wenn es auf den schaut, den unsere Sünden durchbohrt haben. (KKK 1432)
Diese Umkehr des Herzens ist von heilsamem Schmerz und heilender Traurigkeit begleitet, die die Kirchenväter „animi cruciatus“[Seelenschmerz], „compunctio cordis“ [Herzensreue] nannten. (KKK 1431).
Es ist menschlich irgendwo ein Stück weit verständlich, wenn einige Hirten den Gebrochenen Schmerz ersparen wollen, aber gerade dieser Schmerz ist „heilsam“ und „heilend“.

Die „Gebrochenen“ statt dessen anzuhalten, sich das Gericht zu essen, ist wie die "Heilung" von Kopfschmerzen, indem man dem Betroffenen feste auf den Fuß tritt.

Donnerstag, 9. Oktober 2014

Mit den Augen Gottes sehen



Die pastorale Frage

Wie ist es mit dem Menschen, dessen Leben überall die Lücken des Unvollbrachten und die Zerstörung des falsch Getanen in sich trägt? Wenn ein solcher Mensch ins Licht Gottes tritt, sieht er sich mit dessen Augen. Er durchlebt sich als den, der er vor Gott ist, und das muß ein unausdenkbarer Schmerz sein. Er steht auf Seiten der Wahrheit gegen sich selbst.

mit der Romano Guardini das Fegefeuer beschreibt, erklärt das Zurückweichen vor der Konfrontation mit dieser Wahrheit.


„Wir müssen lernen, ohne Wahrheit zu leben“, so Nietzsche. Die Frage stellt sich nun, mit welcher Lüge man am besten lebt. Was bleibt, ist dann nur noch Kampf gegen den banalen Nihilismus einer Spaßgesellschaft.

oder von Kardinal Müller ins Theologische gewendet:

Wir können das Evangelium und die Tradition ‚dekonstruieren’ und sie nach den Vorstellungen der heutigen Welt neu zusammenbauen, ihre Anforderungen leicht machen und sie an den brüchigen, oberflächlichen, unreifen und postmodernen Menschen anpassen.

hält der Kollege nebenan für einen Teil des Problems:

Warum nimmt die Glaubenspraxis ab? Darauf gibt es keine einfache Antwort, aber ich glaube nicht, dass es daran läge, dass Glaube zu hart und unergiebig wäre. Eher ist es, weil wir uns die Dinge zu einfach machen. Wir haben den Vergleichsmaßstab so niedrig angesetzt, dass der Glaube unwichtig erscheint. „Was wir zu billig erwerben, schätzen wir gering: Kostspieligkeit ist’s, das jedem Ding seinen Wert zuweist. Der Himmel weiß, einen angemessenen Preis für sein Gut zu setzen“ (Es spricht meinen Sinn für Humor an, den Atheisten Paine als Glaubensunterstützer zu zitieren)


Es geht nicht darum, hohe Hürden zu errichten, sondern die Herde auf dem richtigen Weg zu ermutigen, auch wenn es Hürden zu überwinden gilt, und zu vermeiden, die Schafe stattdessen auf den barrierefreien Holzweg zu schicken. Es handelt sich bei der Freude des Evangeliums nicht bloß um Vergnügen, sinnlichen Genuß, guten Mut, Selbstzufriedenheit, Frohsinn, Fröhlichkeit, Heiterkeit, δον, εμία, ε-φρασία, laetitia oder voluptas, sondern um Glückseligkeit, χαρά, gaudium (die Freude als Gemütsstimmung). Dies ist kein Gegensatz, sondern eine Steigerung, auch wenn es Schwierigkeiten zu überwinden gilt.
Den Fehler der Engführung auf „graduelle“ Zufriedenheit beschreibt Robert Spaemann

Das Heilmittel für den Ehebruch, den die neuerliche Heirat eines Geschiedenen mit sich bringt, sind nicht mehr Reue, Umkehr und Vergebung, sondern das Verstreichen von Zeit und die Gewöhnung – so als hätten allgemeine gesellschaftliche Akzeptanz und unsere persönliche Zufriedenheit mit den eigenen Entscheidungen und dem eigenen Leben eine beinahe übernatürliche Kraft. … Wir sollten zwei Dinge nicht verwechseln: den zunehmenden Verlust von Sündenbewusstsein und das Verschwinden der Sünde, also die Befreiung von der fortbestehenden Verantwortung für sie.

Schon Descartes verwirft die Befriedigung des Geistes aus dem Ergötzen, sich mit falschen Einbildungen zu täuschen, als weniger vollkommen als die Wahrheit zu kennen, auch wenn sie zu unserem Nachteil ist.

Das Ausweichen vor einer Wahrheit, die zu ertragen hart scheint, und der Rückzug auf die eigene Bequemlichkeit nimmt die Perspektive, die Entwicklungsmöglichkeit.

Daher fährt Kardinal Müller fort:

Wenn wir uns aber „der Möglichkeit entziehen, unser Leben mit dem göttlichen Wort zu konfrontieren, verlieren wir auch die Chance, die wahre Glückseligkeit zu erfahren, die Christus bringt“.

Die pastorale Lösung wäre – wie (scheint mir) so oft – die Begegnung mit der verlässlichen Zuwendung Gottes, der uns liebst, selbst wenn wir selbst es nicht mehr könnten. Die Barmherzigkeit Gottes ist kein Gegensatz zur Wahrheit, sondern ihr Zwilling. Denn Romano Guardini schreibt über den Menschen unter dem Blick Gottes weiter:

In einem geheimnisvollen Leiden stellt das Herz sich der Reue zur Verfügung und überliefert sich so der heiligen Macht des Schöpfergeistes. Daraus wird das Versäumte neu geschenkt. Das Falsche wird in Ordnung gerückt. Das Böse umgelebt und ins Gute herübergebracht.

Vorbild für die Welt?



Es ist, wie es ist:

Die derzeit tagende Synode hat gestern mit Zwei-Drittel-Mehrheit eine reformierte Ehelehre beschlossen. Ein von einzelnen Bischöfen geforderte Einfügung eines Gottesbezugs in die Präambel wurde aber von der Synode in Rom mehrheitlich verworfen. … Die neue Lehre soll der Lebenswirklichkeit der Menschen näher kommen und mehr demokratische Beteiligungsmöglichkeiten bieten. Es dürfe keinen Stillstand in der Lehre geben, sagte der Synodenpräsident. … Mit der reformierten Lehre gelten niedrigere Hürden, wenn Gläubige ein Kirchenvolksbegehren und einen Gewissensentscheid anstoßen wollen. … Ein Ortsbischof bekannte sich als Christ, lehnte den Gottesbezug aber ab.

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Descartes-Schreiben vom 6. Oktober zur Synode



Wenn ich glaubte, daß das höchste Gut die Freude wäre, würde ich nicht daran zweifeln, daß man versuchen müßte, um welchen Preis auch immer fröhlich zu werden, und ich würde die Roheit derer billigen, die ihren Kummer in Wein ertränken oder ihn mit Tabak betäuben.
Ich unterscheide aber zwischen dem höchsten Gut, das in der Ausübung der Tugend (oder -  was dasselbe ist – im Besitz aller Güter, deren Erwerb von unserem freien Willen abhängt, besteht), und der aus diesem Erwerb folgenden Befriedigung des Geistes.
Da ich aber sehe, daß es eine größere Vollkommenheit bedeutet, die Wahrheit zu kennen, auch wenn sie zu unserem Nachteil ist, als sie nicht zu kennen, muß ich gestehen, daß es mehr wert ist, weniger froh zu sein und dafür mehr Kenntnis zu besitzen. So hat man auch nicht immer, wenn man am fröhlichsten ist, den zufriedensten Geist; die großen Freuden sind im Gegenteil gewöhnlich düster und ernsthaft, und nur die mittelmäßigen und vorübergehenden sind von Gelächter begleitet. Daher billige ich es nicht, daß man sich mit dem Ergötzen an falschen Einbildungen zu täuschen versuche; denn alles daraus hervorgehende Vergnügen kann nur die Oberfläche der Seele berühren, die indessen eine innere Bitternis empfindet, wenn sie seiner Falschheit gewahr wird.

(Descartes an Elisabeth von der Pfalz, 6. Oktober 1645)

Verkehrssynode auf dem Weg



Führende Experten haben festgestellt, dass die Akzeptanz von Verkehrsregeln erheblich gesunken ist, weil vor Ampeln Wartende die Gesetze als Sammlung von Verbote des freien Verkehrs wahrnähmen.
Es sollen daher zukünftig alle Ampel Dauergrün zeigen und Vorfahrtsschilder flächendeckend angebracht werden.
Eine inklusivere Sprache werde angestrebt; so wolle man bei den bislang als Geisterfahrer bezeichneten Menschen mehr Elemente des Fortkommens wahrnehmen: „Diese Menschen bewegen sich immerhin auf der richtigen Straße, teilweise sogar mit hoher Geschwindigkeit“, erläuterte Oberexperte Murx.

Erste Synodenhöhepunkte



Unter den Nachrichten von der Synode waren zweieinhalb, die mir interessant erscheinen.

1. Zuerst die Gute:

Mehrere Teilnehmer sprachen davon, dass die Sprache der Kirche nicht mehr gehört werde. … Sprache sei aber nicht alles, fügte ein weiterer Synodenvater an: Wie Paul VI. es ausgedrückt habe, der moderne Mensch höre viel eher auf ein Zeugnis denn auf Worte. Deswegen seien es auch vor allem die Familien selbst, die zeigten, was eine christliche Familie sein könnte. Daneben brauche es eine verstärkte Katechese, die weniger theologisch und mehr biblisch geprägt sei.

Der vom Synodenvater angesprochene Moderne Mensch scheint auch schon an der Wende vom 12. zum 13. Jhd. aufgetreten zu sein, wie sonst hätte Franziskus (also der von Assisi) seinen Brüdern auftragen können:

„Verkündet immer und überall das Evangelium – notfalls auch mit Worten!“

Möglicherweise war er aber auch von antiken Autoren (Lucius Annaeus Seneca mit vielen weiteren) inspiriert, die schon wussten

Die Menschen glauben den Augen mehr, als den Ohren. Lehren sind ein langweiliger Weg, Vorbilder ein kurzer, der schnell zum Ziel führt.

Ooooder aber, er hat den auf der gegenteiligen Beobachtung

Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen.

gefolgerten Ratschlag des Heiligen Paulus

Gib selbst ein Beispiel durch gute Werke. Lehre die Wahrheit unverfälscht und mit Würde.

gekannt.

Da also nichts wirklich Neues gesagt wird, lässt sich in den Hinweis zur Katechese möglicherweise auch ein Wink an unsere pragmatischen Theologen hineindeuten, weniger ihre eigenen Phantasien zu proklamieren als wenigstens gelegentlich einen Blick in das Memo zu werfen, dass ihnen zur Verkündigung anvertraut wurde.

2. Es gab auch wieder die notorischen deutschsprachigen Wortmeldungen über den

Respekt vor der Gradualität von Beziehungen. Auch jenseits der sakramentalen Ehe könne es demnach „Elemente der Heiligkeit und der Wahrheit geben“

Die offensichtliche Frage, ob zwischen der angesprochenen homosexuellen Beziehung und einer Ehe eher ein gradueller oder ein qualitativer Unterschied herrsche, wird interesseant beantwortet:

Ehe sei ausserdem nicht nur die Eheschliessung, wie das Kirchenrecht und die Liturgie es nahelegten, sondern wenn sie Zeugnis sein wolle, müsse man die gesamte Wirklichkeit sehen. Ehe sei ein Weg und kein Zustand.

Na wenn die Eheschließung für die Beziehung sowieso eine untergeordnete Rolle spielt, dann sind natürlich „Kirchenrecht und Liturgie“ ziemlich auf dem Holzweg. Gut, dass die pragmatischen Theologen hier mal aufräumen.

Die Frage, die sich mir bei der Rede vom Weg stellt, ist, ob die besprochenen Beziehungen auf dem Weg zu einem Ziel sind, oder anders gesagt: wie lange man in unbereuter permanenter Todesünde verharren muss, um die vollkommene Heiligkeit zu erreichen. Vermutlich würde sich die Antwort leicht ergeben, wenn ich in pragmatischer Theologie bewandert wäre.

In die gleiche Kerbe schlägt:

Was die Frage der Eucharistie für wiederverheiratete Geschiedene betreffe, sei betont worden, „dass dieses Sakrament nicht das Sakrament für die Perfekten ist, sondern für die, die auf dem Weg sind“.


Bekanntlich sind wir alle kleine Sünderlein, und

„das Trachten des Menschen ist böse von Jugend an.“
also sind auch viele verstockte Sünder kein Grund, ihretwegen die Welt zu verdammen; und wer wäre ich, da zu urteilen.


Aber hm. Ein richtiger Gedanke in den falschen Kontext gestellt, ergibt schon – pragmatische Schlussfolgerungen, irgendwie. Die Erde ist schließlich eine Kugel, und wenn ich lange genug auf dem Weg bin, komme ich schon an, auch wenn ich in exakt die entgegengesetzte Richtung zum Ziel laufe. Aber ob dieses Gleichnis 1:1 auf Glaubenswahrheiten zu übertragen ist, möchte ich nicht vorbehaltlos bejahen.

2a. Die oben angesprochene „gesamte Wirklichkeit“ kommt auch wieder bei den vortragenden Eheleute ins Spiel.
„Auch wenn die Paare natürlich genau ausgewählt sind, die zu Beginn jeder Sitzung sprechen. Sie bringen doch noch einmal ein Stück Realität in die Synodenaula.“
Da fragt sich der unbedarfte Beobachter natürlich, was die Bischöfe eigentlich üblicherweise und ohne „ein Stück Realität“ beraten. Zahlen sind ja irgendwie auch ähnlich abstrakt wie übliche Bischofssynoden; wie gut, wenn da mal jemand ein Stück Realität in Form von Äpfeln und Birnen einbringt.

Das Problem ist aber der säkularen Welt gut bekannt
Wer nur noch Menschen trifft, die an dieselbe Sache glauben, verliert irgendwann den Bezug zur Wirklichkeit außerhalb seiner eigenen Welt. Da bricht dann schnell Panik aus, wenn einmal Widerspruch auftaucht. 
Und dieses Problem ist derzeit besonders virulent bei Kasper, der zitiert wird
Aber wenn die erste Ehe gescheitert ist und eine zweite Ehe da ist, die zivil geschlossen wird, und die ja nicht wieder aufgelöst werden kann, dann muss man da einen Weg finden.
Da kann man sich nur dem Kommentar von Frau Küble anschließen:
Was soll hier die Bemerkung, eine Zivilehe könne “ja nicht wieder aufgelöst werden”? – Das ist eine ganz neue Information!  Mindestens jede dritte standesamtliche Ehe wird bekanntlich geschieden.
Fehlt vielleicht gerade den barmherzigen Pragmatikern etwas der Realitätszugang?!

3. „Heute Morgen verteilte Papst Franziskus an das Präsidium der Synode Süßigkeiten.“

Deutet sich hier eine pastorale Lösung für die wiederverheirateten Geschiedenen an?

Lektüreschlüssel?


Nebenan wird ein „griffiger Leküreschlüssel für die Evangelien“ angeboten, der eine solche Distanz zum geoffenbarten Wort Gottes voraussetzt, dass ich empfindsamen Gemütern das Verfolgen des Links nicht empfehlen kann.

Ich persönlich halte mich da lieber an das, was in „Das Wort Gottes im Leben und in der Sendung der Kirche“ unter Nr. 9 geschrieben steht:
Die betende Lesung im Heiligen Geist ist fähig, dem Gläubigen den Schatz des Wortes Gottes zu eröffnen, aber auch Begegnung mit Christus, dem lebendigen göttlichen Wort, zu bewirken.
Sie beginnt mit der Lektüre (lectio) des Textes, die eine Frage der echten Kenntnis seines wirklichen Inhalts hervorruft: Was sagt der biblische Text an sich?
Es folgt die Meditation (meditatio), bei der die Frage lautet: Was sagt uns der biblische Text?
So gelangt man zum Gebet (oratio), das eine weitere Frage voraussetzt: Was sagen wir zum Herrn als Antwort auf sein Wort?
Und sie schließt mit der Kontemplation (contemplatio), während der wir als Geschenk Gottes die Realität mit seinem Blick betrachten und uns fragen: Um welche Bekehrung des Geistes, des Herzens und des Lebens bittet der Herr uns?

Dienstag, 7. Oktober 2014

Grassierende Alethophobie



1. Eingedenk des Kardinalswortes („Viele unserer Zeitgenossen haben Schwierigkeiten damit, logisch zu überlegen und lange Texte zu lesen.“) aus der Relatio ante disceptationem ist hier ein sehr interessanter, aber auch langer Artikel für den Hausgebrauch absatzweise zusammengefasst:

Da einem Kaplan der Johannes-Prolog zu theologisch (=unverständlich?), aber immerhin ein Hymnus war, predigte er lieber über ‚das Lied als echten Ausdruck menschlichen Empfindens’ als über den Inhalt.
Solcherart werde unter Zeitgenossen die „Vertheologisierung“ des Glaubens seit Paulus korrigiert.
Das zeige sich auch in der EÜ von Lk 1,77, wo statt „Erkenntnis“ rücksichtsvoll „Erfahrung“ des Heils übersetzt wird, weil Erfahrung schließlich unmittelbarer und nicht so verkopft sei.
Weil Erkenntnis zu Wahrheit führe, die als Unterscheidung von wahr und falsch ein „Herrschaftswissen mit dem Willen zur Unterdrückung“ und ganz böse ist, müsse Religion von der Wahrheit befreit werden.
So möchte auch der EKD-Präses die Frage, ob Jesus der verheißene Messias sei, offen lassen, damit man mit den Juden besser auskommen kann.

Wenn Wahrheit auf Denken beruht, muss also schon das schlecht sein; der Autor untersucht die Methoden, wie man zu diesem Schluss kam.
Theologie als Wissenschaft arbeitet, indem sie den Wahrheitsgehalt von Aussagen über Gott überprüft und wahre Aussagen über Gott hervorbringt.
Aussagen enthalten (kommunikationstheoretisch) neben einem sachlichen Inhalt auch Ich-Aussagen über den Sprecher und einen Appell an den Empfänger. Wenn jetzt die beiden letzten Aspekte als allein wichtig angesehen werden, wird eine theologische Aussage reduziert a) zu einem persönlichen Frömmigkeitsbekenntnis (oder Ausdruck einer Gotteserfahrung) und b) zu einem Appell an den Zuhörer im konkreten geschichtlichen Zusammenhang.
Der Inhalt (eine wahre Aussage über Gott) fällt dabei unter den Tisch. Weil eigentlich nur eine (subjektive) Erfahrung in theologische Sprache gehüllt werde, müssten für andere Subjekte andere (zeitgemäße) Formulierungen gefunden werden.Wenn man nur fragt: „Was sagt diese Aussage über den Verfasser und die Religiösität seiner Zeit aus und was wollte der Verfasser damit bewirken?“, wird einem möglichen (überzeitlichen) Wahrheitsgehalt die Berechtigung abgesprochen.Genauso wird die Selbstoffenbarung Gottes (niedergelegt in Glaubenswahrheiten der Kirche) ersetzt durch die persönliche Erfahrung, von Gott geliebt zu sein. Alles, was an theologischen Aussagen darüber hinausgeht, gilt als „blutleere Abstraktion“.
Der Autor weist dann darauf hin, dass „Ich vertraue dir“ im wirklichen Leben davon abhängt, was man von dem Angesprochenen erwartet. So müsse auch im Glauben ausgesagt werden, was von Gott zu erhoffen ist, worauf man eigentlich vertraut – eben die Glaubenswahrheiten.

Dann geht’s ans Eingemachte: Traditionell wird „das Wesen“, wie etwas eigentlich ist, als das Wahre angesehen, wovon abgeleitet ist, wie es konkret erfahrbar wird. In der Moderne wird andersrum das Einzelding als das Wahre und Denken als „blutleere Abstraktion“ im Versuch, das Wahre abzubilden, gesehen.
Mit dieser Sicht geht der Theologie der Gegenstand verloren, weil man mit Nachdenken nichts mehr begreifen kann. Theologische Glaubensaussagen würden dann „die unmittelbare Erfahrung des Angenommenseins in der Liebe Jesu nur verdecken“.
Was bleibt dann? Nach Sloterdijk der Versuch, „gemäß den Produktionsgesetzen des freien Marktes nachfrageorientiert Theologien zu produzieren.“ Die Wahrheit theologischer Verkündigung wäre dann einfach ihr Erfolg beim Publikum.
Als Beispiel wird ein kath.net-Artikel mit 37 Dialog-Forderungen von Mannheim von 2011 zitiert, die sich „frei von jeder theologischen Erwägung“ darauf beschränken, Kirche solle sich zeitgeistkonformer ausrichten.

Die Schlussfolgerung: „Was sollen wir dazu sagen: Der erste Irrtum dieses ganzen modernistischen Denkens in all seinen Spielarten ist der der Leugnung des Offenbarseins Gottes in seiner Kirche. Gott hat sich nicht nur in Jesus Christus einmal offenbart, sondern Jesus hat seine Kirche gegründet, damit in ihr das Offenbarungsgeschehen offenbar bleibt kraft des Heiligen Geistes. Daß Gott in seiner Kirche schon erkannt und begriffen ist im Glauben der Kirche, der dem individuellen Glauben so vorausgeht, wie das System der Sprache dem einzelnen gesprochenen Satz , so daß es gilt, daß der persönliche Glaube im Glauben der Kirche wächst, das nicht erkennen zu wollen, destruiert die Kirche und ihre Theologie.“


2. Zur Erläuterung des gewählten Titels: dem Trend, Andersmeinenden böse, auf –phobie endende Motive zu unterstellen, folgend, schlage ich vor, den traditionell verwendeten Begriff „Relativismus“ durch "Alethophobie" zu ersetzen, welcher bedeutet: 'lähmende Angst vor Wahrheit oder Unfähigkeit, unangenehme Tatachen über sich selbst anzunehmen', was gleich zwei Grundübel unserer Zeit erschlägt.